1. Mai

Rendi-Wagner sieht den Neoliberalismus am Ende

Pamela Rendi-Wagner bei ihrer Pressekonferenz anlässlich des 1. Mai.
Pamela Rendi-Wagner bei ihrer Pressekonferenz anlässlich des 1. Mai.APA/HANS PUNZ
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SPÖ-Chefin Rendi-Wagner will den Sozialstaat stärken. Sie unterstützt die Forderung nach einer 30-Stunden-Woche. „Der 1. Mai steht für Solidarität in der Gesellschaft."

SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner sieht mit der Coronakrise den Neoliberalismus am Ende. "Das Virus hat einen Schlussstrich unter der jahrzehntelangen Erzählung der Konservativen, der Erzählung der Marktversessenheit und der Gesellschaftsvergessenheit gezogen", sagte Rendi-Wagner, mit der symbolträchtigen roten Nelke geschmückt, bei einer Pressekonferenz anlässlich des 1. Mai.

"Der 1. Mai steht für Solidarität und Zusammenhalt in der Gesellschaft", diese Werte seien in der Coronakrise "so aktuell wie seit langem nicht mehr". Die Pandemie "hat uns vor Augen geführt, wie sehr wir aufeinander und auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt angewiesen sind und wie sehr wir einen starken Sozialstaat und ein gut organisiertes öffentliches Gesundheitssystem brauchen".

„Ideologie der Neoliberalen in die Mottenkiste befördert"

Dieses System und diese Werte seien von den Konservativen und der ÖVP seit Jahrzehnten angriffen worden. Mit der Pandemie sei aber das neoliberale, konservative Modell gescheitert. "Die Ideologie der Neoliberalen und Konservativen wurde durch die Coronakrise in die Mottenkrise befördert." Die Rufe nach einem helfenden und schützenden Staat würden lauter werden. Aber "Solidarität ist mehr als das Klatschen für die 'Helden des Alltags' und mehr als Danksagungen auf sechzig, siebzig oder mehr Pressekonferenzen der Regierung", so Rendi-Wagner in Richtung türkis-grüner Koalition. "Ein stabiles, belastbares Gesundheitssystem und ein funktionierender Sozialstaat sind das Ergebnis jahrzehntelanger politischer Arbeit."

Für den Neustart, den Österreich und Europa bräuchten, sind laut der SPÖ-Chefin drei Dinge notwendig: "Sozialstaat ausbauen und stärken, Wachstum und Beschäftigung fördern und eine gerechte Verteilung der Krisenkosten". Rendi-Wagner attestierte der Regierung bisher gut durch die Gesundheitskrise gekommen zu sein, aber im Kampf gegen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie zu spät und zu zögerlich reagiert zu haben. Die Tatsache, dass Deutschland nur halb so viele Arbeitslose habe wie Österreich, sei der Beleg dafür.

SPÖ will Erhöhung des Arbeitslosengeldes

Österreich habe in der entscheidenden ersten Woche des Shutdowns zu wenig und zu langsam etwas gegen Massenkündigungen getan. Darauf müsse man jetzt schnell reagieren, forderte sie einmal mehr eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes von derzeit 55 auf 70 Prozent Nettoersatzrate vom letzten Einkommen. Die Regierung habe "Mitte März die Situation komplett unterschätzt, was die sozialen Auswirkungen betrifft". Sie verstehe das jetzige Zögern der Regierung angesichts der dramatischen Arbeitslosenzahlen nicht, so Rendi-Wagner.

Die SPÖ-Chefin stellte sich auch hinter der Forderung nach einer Arbeitszeitreduktion auf 30 Wochenstunden. Man müsse über eine Neuverteilung der Arbeit diskutieren. Die letzte Verkürzung habe es vor 40 Jahren in den 70er Jahren gegeben. Seitdem habe es mit der Digitalisierung eine enorme Entwicklung gegeben. "Die menschliche Arbeit hat abgenommen" und müsse daher neu verteilt werden. Das sei aber nicht von heute auf morgen machbar, sondern ein "schrittweise Prozess". Die 30 Stunden seien eine "Zielvorstellung, die man sich gesetzt hat".

Es brauche aber auch eine "gerechte und faire Verteilung der Krisenkosten", forderte Rendi-Wagner einen Solidarbeitrag von zehn Prozent des Jahresumsatzes der großen Profiteure der Krise wie Amazon und Co., die zweistellige Milliarden-Gewinne durch die Krise gemacht hätten und gleichzeitig kaum Steuern in Österreich und Europa zahlen. Zudem verlangen die Sozialdemokraten eine Abkehr von internationalen Abhängigkeiten bei gewissen Produkten wie Medikamenten und Schutzkleidung. "Diese Abhängigkeiten sind gefährlich und machen uns verletzlich."

(APA)

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