Coronavirus

Umfrage: Familien durch Coronakrise stark belastet

Symbolfoto zum Thema Homeoffice. Eine Frau sitzt zu Hause am Schreibtisch und arbeitet. Neben ihr spielt ein Kind. Berli
Symbolfoto zum Thema Homeoffice. Eine Frau sitzt zu Hause am Schreibtisch und arbeitet. Neben ihr spielt ein Kind. Berli(c) imago images/photothek (Thomas Trutschel/photothek via www.imago-images.de)
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Eine Sora-Umfrage zeigt: Frauen tragen häufiger Hauptverantwortung für Familien als Männer. Und: Familien sorgen sich um die Betreuung von Kindern während des Sommers. Die Umfrage wurde für das Momentum Institut von Barbara Blaha durchgeführt.

Für Familien ist die Zeit während der Coronakrise eine besondere Herausforderung. Für 51 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer ist die Situation mit Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden "sehr belastend". Das ist das Ergebnis einer Sora-Umfrage im Auftrag des Momentum Instituts. Demnach bleiben Frauen hauptverantwortlich für die Kinderbetreuung; Arbeitszeiten würden sich oft in die Nacht verlagern.

Die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung tragen während der Coronakrise in 42 Prozent der Fälle die Mütter, in 23 Prozent die Väter. "Es braucht eine globale Pandemie, um wenigstens ein Viertel der Väter in die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung zu bringen", sagte Daniel Schönherr vom Sozialforschungsinstitut Sora bei der Präsentation der Ergebnisse am Dienstag. Geschlechterunterschiede würden vor allem im Home-Office sichtbar, berichtete er weiter. Väter, die von zu Hause arbeiten, sagen zu 64 Prozent, sie betreuen die Kinder währenddessen - bei Müttern sind es sogar 75 Prozent.

Großeltern reißen Lücke in Betreuung

Immer öfter verschieben die befragten Eltern wegen der fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder die eigenen Arbeitszeiten auf das Wochenende, den Abend oder gar in die Nacht, lauten weitere Ergebnisse der Umfrage unter 524 Befragten (Eltern von Kindern bis zum Alter von 14 Jahren, Anm.). Es finde eine "Entgrenzung der Arbeitszeiten" statt, interpretierte Barbara Blaha, Leiterin des Momentum Instituts, die Resultate. Eltern müssten arbeiten, wenn sie Ruhe haben - und könnten so wohl oft die vorgegebenen Ruhezeiten nicht einhalten, vermutet Schönherr.

Sichtbar wird auch die fehlende Möglichkeit der Großeltern als Betreuungsmöglichkeit während der Coronakrise: Weil Ältere als Risikogruppe gelten, sollen Kinder nicht zu ihnen gebracht werden, um Ansteckungen zu vermeiden. Vor der Krise nutzten 29 Prozent der Befragten diese Option, jetzt nur mehr vier Prozent. Am Land wird bei der Betreuung nach wie vor stärker auf die Großeltern zurückgegriffen (elf Prozent), weil viele Familien durch Mehrgenerationenhaushalte ohnehin mit ihnen unter einem Dach leben. 37 Prozent der Eltern betreuen ihre Kinder, während sie von zu Hause arbeiten. Vor der Corona-Pandemie stellte diese Gruppe gerade einmal sieben Prozent. Gering sind die Betreuungszahlen in den Einrichtungen: Zwei Prozent der Befragten bringen die Kinder zur Schule, drei in den Kindergarten.

Junge Arbeitnehmer besonders betroffen

Für die Eltern hat sich in den meisten Fällen aber nicht nur die Sorgearbeit für die Kinder, sondern auch die Erwerbsarbeit drastisch verändert. In 29 Prozent aller Haushalte ist ein Elternteil in Kurzarbeit, in sieben Prozent sogar beide. In neun Prozent aller Haushalte ist ein Elternteil arbeitslos, in einem Prozent haben beide keinen Job mehr. Menschen mit geringer sozialer Absicherung sind stärker betroffen, sagte Schönherr am Dienstag, auch junge Arbeitnehmer treffe die Krise besonders hart.

Von negativen Auswirkungen auf das Familienbudget sind vor allem Familien in der Arbeiter- und Mittelschicht betroffen, geht es nach der Umfrage. Während in der Arbeiterschicht 23 Prozent in Kurzarbeit und elf Prozent arbeitslos sind, sind in der Mittelschicht 22 Prozent in Kurzarbeit und drei Prozent arbeitslos, in der oberen Mittelschicht ist niemand arbeitslos und nur 20 Prozent befinden sich in Kurzarbeit. Nach Bildungsstand starke Unterschiede gibt es - wie erwartet - auch in der Home-Office-Nutzung. Unter den Pflichtschulabsolventen muss die Mehrheit wie gewohnt an den Arbeitsplatz. Hier ist nur für elf Prozent ein Arbeiten von zu Hause möglich, bei Universitäts- und FH-Absolventen ist das für 67 Prozent möglich.

Große Sorgen um Kinderbetreuung im Sommer

Die Arbeitszeiten der Eltern haben sich durch die Corona-Maßnahmen drastisch reduziert. Im Durchschnitt verringerten die befragten Eltern ihre Arbeitszeit um fast zehn Stunden von 35 auf 26 Stunden pro Woche. 55 Prozent der Befragten arbeiten weniger Stunden als vor der Krise. Geschlechterunterschiede setzten sich während Krise fort, analysierte Sozialwissenschaftler Schönherr: Mütter mussten ihre Erwerbsarbeit mehr reduzieren als Väter.

Eine große Sorge der Eltern betrifft den Ergebnissen der Umfrage zufolge die Betreuung im Sommer. Jede zweite Familie habe bereits bisher Urlaub nehmen müssen, um ohne Kinderbetreuung über die Runden zu kommen, berichtete Blaha. Zehn Prozent der Befragten gaben außerdem an, Urlaub gewollt, aber keinen bekommen zu haben. Für den Sommer gab jede dritte Familie an, nicht genug Urlaub zu haben, um die Kinderbetreuung zu schaffen. Viele können sich keine externe Betreuung leisten; bei Befragten, die sich der Arbeiter- und unteren Mittelschicht zuordnen, sind es sogar 60 Prozent.

Maßnahmenpaket für Familien gefordert

Basierend auf den Ergebnissen der repräsentativen Umfrage empfiehlt das Momentum Institut ein Maßnahmenpaket, um Familien zu entlasten. So sollen Betreuungseinrichtungen im Sommer durchgehend geöffnet bleiben, es soll ein Rechtsanspruch auf Corona-Teilzeit mit Lohnausgleich während Schulschließungen eingeführt werden und ein bezahlter Sonderurlaub soll helfen, die Betreuung im Sommer zu meistern. Nicht zuletzt seien die Bedürfnisse von Kindern und Eltern auch bei einer gesundheitspolitischen Abwägung zu berücksichtigen - gerade im Verhältnis zu anderen Gesellschafts- bzw. Wirtschaftsbereichen, hieß es.

Dass das Home-Office oft als Zukunftsmodell gehandelt wird, sieht Blaha - die als Chefin der Österreichischen Hochschülerschaft bekannt wurde und 2019 den Thinktank Momentum gründete - gespalten. In Zeiten mit gesicherter Kinderbetreuung könne das durchaus funktionieren - in Zeiten wie diesen, wo sowohl Beschäftigungsverhältnisse als auch Kinderbetreuungseinrichtungen nicht in normalen Bahnen laufen, sieht sie Home-Office allerdings kritisch.

(APA)

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