Grasser: Verdacht erhärtet

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In den BUWOG-Ermittlungen erhärtet sich laut Staatsanwaltschaft der Verdacht gegen Grasser. Ein Zeuge wundert sich über den Zuschlag an Lehman Brothers, deren Angebot um 40 Prozent teurer war als das der CA-IB.

Wien. Die Ermittlungen in der Affäre um den Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) ähneln einem Geduldsspiel – die Staatsanwaltschaft fügt einen Stein nach dem anderen in das Puzzle. Das neueste wichtige Teilchen ist die Aussage von Wilfried Trabold, einem Mitglied der Vergabekommission, die die Investmentbank für den Buwog-Verkauf auswählte. „Es erhärtet sich der Verdacht, dass Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser die Auswahl beeinflusst hat“, bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Vecsey, der „Presse“.

Neben dem seit Oktober 2009 laufenden Hauptverfahren in Sachen Buwog gegen Grasser, seinen Trauzeugen Walter Meischberger, den PR-Profi Peter Hochegger, Ex-Kabinettchef Heinrich Traumüller und Grasser-Intimus und Immobilien-Tycoon Ernst Karl Plech hat die Anklagebehörde vor einer Woche ein zusätzliches Verfahren wegen Untreue gegen Grasser, Plech und Ex-Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht eröffnet. Dabei geht es genau um die Vorgänge rund um die Auswahl von Lehman Brothers als Investmentbank. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Trabold bestätigt Ramprecht

Am 15. Juni wurde, wie der ORF am Montagabend berichtete, Trabold als Zeuge einvernommen. Der ehemalige Sektionschef im Finanzministerium soll sich über die Entscheidung, Lehman Brothers der CA-IB vorzuziehen, „verwundert“ gezeigt haben. Trabold untermauert damit Aussagen von Grassers Ex-Kabinetts-Mitarbeiter Michael Ramprecht, der auch in der Vergabekommission saß.

Er hat Grasser vorgeworfen, der Buwog-Verkauf sei ein abgekartetes Spiel gewesen. Grasser habe bei der Auswahl der Investmentbank nicht den Best- und Billigstbieter CA-IB beauftragt, sondern die Kommission für Lehman beeinflusst. Lehman sei mit einem Honorar von zehn Mio. Euro um vier Mio. Euro teurer gewesen als die CA-IB, so Vecsey zur „Presse“.

Grasser klagte Ramprecht deshalb auf üble Nachrede, die nächste Verhandlung findet morgen, Donnerstag, statt.

Am 6. September 2002 stimmte die Kommission 6:3 für Lehman, wie aus einem der „Presse“ vorliegenden Sitzungsprotokoll hervorgeht. Ramprecht votierte für, Trabold gegen Lehman. Einen Tag zuvor soll die Mehrheit für die CA-IB gewesen sein. „Die Gretchenfrage, der wir nachgehen, lautet: Was hat diesen Meinungsschwenk bewirkt?“, sagt Vecsey. Einen interessanten Hinweis dazu liefert das Protokoll zum Unterausschuss des Rechnungsaufschusses, der sich 2003 mit dem Buwog-Verkauf befasste: Dort sagte Ramprecht, dass die von Grasser eingesetzte Expertengruppe am 5. September eindeutig Lehmann empfohlen habe. Nach heftigen Diskussionen sei die Kommission einen Tag später dem Expertenvorschlag gefolgt. Bleibt die Frage, wie die Meinungsfindung der Experten lief.

Vecsey will naturgemäß über Ermittlungsschritte nichts sagen. Es dürfte weitere Einvernahmen und Hausdurchsuchungen geben. Zuletzt gab es eine Razzia bei Ramprecht. Warum bei ihm und nicht bei Grasser? „Spekulationen reichen nicht für einen Grundrechtseingriff, wie sie eine Hausdurchsuchung darstellt, aus“, sagt Vecsey. Noch fehle das „missing link“ zwischen den beiden Sitzungen am 5. und 6. September. Bei Ramprecht habe man nachgesehen, weil er unterschiedliche Aussagen gemacht hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2010)

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