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Schnelles Denken und langsames Denken für Manager

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Kolumne "Hirt on Management": Folge 124. Was Manager von Nobelpreisträger Daniel Kahneman lernen können.

Der Großteil der Werkzeuge in der Management Toolbox, mit der die meisten Manager arbeiten, beruht auf der Grundannahme, dass Menschen rational sind, beziehungsweise, dass die meisten Menschen mit hohe Zuverlässigkeit auf den rationalen Teil ihres Gehirns zugreifen können.

Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat überzeugend dargelegt, dass diese Grundannahme vollkommen falsch ist und die allermeisten Menschen von irrationalen, emotionalen und höchst instabilen Antrieben dominiert werden.

Zwei Denksysteme

Kahneman beschreibt in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“, dass wir über zwei Denksysteme verfügen.

System 1 ist unser animalisches Gehirn, es ist schnell, instinktiv und emotional. System 2 ist unser logisches Gehirn, es ist langsam, reflektiert und rational.

Das Problem dabei: System 1 dominiert System 2

Ob es uns gefällt oder nicht, für die allermeisten Menschen sind ihre System 2-Antworten, also ihre „rationalen“, Antworten auf ein Problem oder eine Situation, einfach nur ein Spiegelung, beziehungsweise eine Ableitung der bereits durch ihr System 1 vorgeformten Urteile, Emotionen und Eindrücke.

Wir fühlen, also denken wir

Vereinfacht gesagt: wir fühlen, also denken wir. Und das führt zu einer irrationalen, kognitiven Verzerrung aller unserer Denkprozesse, die wir gar nicht bemerken.

Kahneman und Tversky haben über 150 solcher verzerrenden Einflüsse identifiziert, die für uns unmerkbar, dazu führen, dass wir ein massiv verzerrtes Bild der Welt haben.

Die Logiktünche

Natürlich haben wir uns in den vergangenen 200 Jahren, als Höhepunkt eines Jahrtausende langen Strebens uns von der Tierwelt abzuheben, systematisch angewöhnt, unsere emotional fundierten Entscheidungen, nachträglich mit einer saftigen Tünche von „Rationalität“ und „Logik“ zu versehen.

In Wahrheit werden dabei nur diejenigen rationalen und logischen Argumente ausgewählt, die unsere, bereits emotional getroffene Entscheidung, bestätigen.

Weitreichende Konsequenzen

Diese Erkenntnisse haben weitreichende Konsequenzen für uns selber und für den Umgang mit anderen.

Wenn wir unsere Ziele im Umgang mit anderen bestmöglich erreichen möchten, dann sollten wir uns zuerst darüber Gedanken machen, wie wir deren emotionales System 1 optimal beeinflussen, also deren unausgesprochenen Gefühle, Ängste, Sorgen, also die emotionale Befindlichkeit des anderen.

Wenn es uns gelingt, durch unser Verhalten, unsere Körpersprache, unsere Stimme, unsere Fragen und Aussagen das System 1 des anderen zu beeinflussen, dann können wir auch seine „rationalen“ Schlüsse und Reaktionen in seinem System 2 beeinflussen.

Persönliche Wirksamkeit auf einem vollkommen neuem Niveau

Die konsequente Umsetzung dieser Erkenntnis ermöglicht es, unsere persönliche Wirksamkeit Im Umgang mit anderen auf ein vollkommen neues Niveau zu heben.

Es ist ungefähr so, wie wenn wir bisher versucht hätten Tennis mit einem Tischtennisschläger zu spielen und jetzt plötzlich einen modernen Hightech-Tennisschläger in der Hand halten. Der Unterschied ist wie Tag und Nacht.

Die maximale Kontrolle über unsere eigenes System 1 und 2

Für uns selber bedeutet das natürlich, dass wir genau in die entgegengesetzte Richtung gehen müssen.

Wir selber sollten uns bemühen, die maximale rationale Kontrolle über unser System 1 und 2 auszuüben.

Konkret bedeutet das z.B., selber über persönliche Techniken der Entspannung und Konzentration zu verfügen, die uns innerlich beruhigen und uns maximal ermöglichen rational und kontrolliert vor zu gehen.

Das kann Sport, Meditation, Yoga oder Ähnliches sein, bei jedem funktioniert etwas anderes, aber wichtig ist,  dass wir innerlich ruhiger werden und klarer denken können.

Unsere Rationalität nicht überschätzen

Zweitens bedeutet es für uns selber, dass wir in aller Demut unsere Rationalität nicht überschätzen sollten und uns selber eine Chance geben sollten, in dem wir Arbeitsweisen und Tools einsetzen, die uns helfen, unsere Rationalität zu erhöhen.

Dazu gehört z.B. die Schriftlichkeit, also wichtige Entscheidungen schriftlich zu treffen, Entscheidungen nicht überhastet zu treffen, sondern die berühmte „Nacht darüber zu schlafen“ und die Unterstützung und Begleitung unserer wichtigen Entscheidungen durch andere Menschen, z.B. Berater, die eine Reputation dafür haben, unbefangen, unbeeinflusst, rational und strukturiert an die Dinge heranzugehen.

In der nächsten Kolumne erfahren Sie, wie Sie die nächsten Phase der Coronakrise in Ihrem Unternehmen erfolgreich gestalten.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 21. Mai 2020 zur Frage: Corona Next Level – Was jetzt zu tun ist.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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