Interview

Wie faire Mode unsere Welt verändern kann

"Wir sind alle Teil des Problems – und auch Teil der Lösung": Nina Lorenzen, Vreni Jäckle und Jana Braumüller.
"Wir sind alle Teil des Problems – und auch Teil der Lösung": Nina Lorenzen, Vreni Jäckle und Jana Braumüller.Emilie Elizabeth
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Was hat Mode mit Feminismus zu tun? Und wie kann faire Mode Menschen empowern? Was ist eigentlich faire Mode und wie erkenne ich sie? Die "Fashion Changers" geben in ihrem neuen Buch Antworten.

Mode ist nicht nur ein oberflächliches Thema, meinen die Gründerinnen der Community Plattform "Fashion Changers", sondern ein höchst politisches. Wenn wir über die Klimakatastrophe und die Auswirkungen auf den Menschen sprechen, müssen wir auch Mode auf die Agenda setzen, betonen zwei von ihnen im Gespräch mit der "Presse". Denn wenn wir unsere Zukunft sichern wollen, dann müssen wir den unbequemen Wahrheiten ins Auge sehen.

"Die Presse": Sie nennen sich und Ihre Plattform "Fashion Changers". Wo in der Modeindustrie sehen Sie den größten Aufholbedarf?

Nina Lorenzen: In der fairen und nachhaltigen Produktion. Nachhaltigkeit im Sinne von ressourcenschonender zu arbeiten, und fairer im Sinne von Menschen entlang der Wertschöpfungskette so zu bezahlen und zu beschäftigen, dass sie von der Arbeit leben können. Wir sprechen hier von existenzsichernden Löhnen, aber auch von sicheren Arbeitsbedingungen: Dass man Arbeitsverträge hat, Krankenversicherungen, dass es in den Unternehmen keine strukturelle Diskriminierung gibt. Und dass all diese Dinge auch transparent kommuniziert werden, weil das passiert ja alles hinter verschlossenen Türen. Da haben konventionelle Modeunternehmen hohen Aufholbedarf. Auch bei Themen wie Diversität, Inklusion, Teilhabe. Die Frage ist: Wann ist Mode wirklich demokratisch? Wenn wir uns große Kampagnen ansehen und die abgebildeten - meist weißen, normschönen Menschen -, sehen wir, dass das kein Abbild der Gesellschaft ist, wie wir sie auf der Straße sehen.

Vreni Jäckle: Es geht darum, dass der Profit nicht über allem steht. Nicht darüber, dass man ein Arbeitsumfeld schafft, das verträglich ist mit Mensch und Umwelt.

Ihr Buch heißt: "Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern können". Jetzt frage ich Sie gleich: Wie können wir mit fairer Mode die Welt verändern?

Vreni Jäckle: Mit dem Titel haben wir ein großes Fass geöffnet. Was wir sagen wollen: Mode ist ein wahnsinniges Tool, mit dem wir ganz viele verschiedene Sachen verändern können. Zuerst denkt man sich vielleicht: „Wie soll das denn gehen? Mode, das ist doch eher ein oberflächliches Thema, wie soll das denn schon die Welt verändern." Wenn man da aber genauer hinschaut, erkennt man, dass die Modeindustrie in viele verschiedene Bereiche hineinstrahlt. Ein paar haben wir schon angesprochen, angefangen von den verschiedenen ressourcenintensiven Prozessen und ihren Folgen auf die Umwelt bis hin zu gesellschaftlichen Themen. Das spielt alles zusammen.

Was ist überhaupt faire Mode?

Nina Lorenzen: Faire Mode würde einen existenzsichernden Mindestlohn abdecken und all die anderen sozialen Absicherungen, die ich schon genannt habe: einen festen Arbeitsvertrag, Krankenversicherung, aber auch Gebäudesicherheit, das war ja bei Rana Plaza nicht gegeben, das Recht auf Versammlung, sich gewerkschaftlich zu organisieren, dass es keine strukturellen Diskriminierungen am Arbeitsplatz gibt, keine sexualisierte Gewalt. All das, was ein Arbeitsumfeld auf Augenhöhe gestaltet und was auf Empowerment, so nennen wir es, ausgelegt ist. So funktioniert die Mode aktuell eben nicht, sondern sie ist hierarchisch, funktioniert von oben nach unten. In unserem Buch lassen wir Menschen zu Wort kommen, die nicht so vorgehen, sondern die auch direkt vor Ort mit den Menschen zusammenarbeiten und genau wissen, was die dortigen Umstände und Bedürfnisse sind.

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