Militärpolitik

Historisches US-britisches Seemanöver in der Arktis

U.S. Sixth Fleet
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Erstmals seit Ende des Kalten Krieges kreuzen in der Barentssee zwischen Norwegen und Russland Überwasserschiffe der beiden Westmächte. Russland beobachtet das Manöver in der heiklen Region.

Ein ungewohntes US-britisches Flottenmanöver findet seit Tagen in der Arktis statt und erregt den Argwohn, oder jedenfalls die Neugier, Russlands. Vier Kriegsschiffe der U.S. Navy und eines der Royal Navy kreuzen demnach seit Tagen in der Barentssee, dem Meeresgebiet zwischen Nordnorwegen, Svalbard (Spitzbergen), der russischen Eismeerküste und den russischen Arktis-Inseln Nowaja Semlja und Franz-Josef-Land.

Es ist laut Angaben der US-Marine das erste Mal seit den 1980er-Jahren, dass dort US-Überwasserschiffe kreuzen - in Bezug auf U-Boote ist das offenbar nicht der Fall. Und tatsächlich wird der Verband, wie es heißt, auch von einem nuklear betriebenen U-Boot der Amerikaner begleitet. Es heißt, man übe „maritime Operationen in den herausfordernden Umweltbedingungen nördlich des Polarkreises", demonstriere die Freiheit der Schifffahrt und das Zusammenwirken verbündeter Einheiten.

NormanEinstein/CC BY-SA 3.0

Bei den US-Schiffen handelt es sich um die Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse USS „Donald Cook", „Porter" und „Roosevelt" sowie einen Versorger, alle von der 6. US-Flotte. Die Briten haben die Fregatte HMS „Kent" dafür abgestellt, von Norwegen aus operiert auch zumindest ein Seeaufklärer der Amerikaner.

Die Tatsache, dass Norwegen als Anliegerstaat der Barentssee und Nato-Mitglied nicht an dem Manöver mitmacht, wie man es erwarten könnte, gilt als Zeichen der Mäßigung gegenüber Russland und zur Vermeidung einer Verschlechterung der Beziehungen.

Im heiklen maritimen Vorhof der Russen

Mehr als 1200 Mann sind an der Operation in dem Teilmeer beteiligt, das Russland als fast so etwas wie einen maritimen Vorhof erachtet. Die Region ist auch strategisch bedeutend, denn am Südufer der Barentssee, vor allem auf der Halbinsel Kola, sowie im dort abzweigenden Weißen Meer sind die Stützpunkte der russischen Nordflotte samt ihrer (auch strategischen) U-Boote, etwa in Murmansk, Seweromorsk, Poljarny.

MURMANSK REGION, RUSSIA - APRIL 30, 2020: Servicemen after disinfecting the Pyotr Velikiy Kirov-class heavy missile cru
MURMANSK REGION, RUSSIA - APRIL 30, 2020: Servicemen after disinfecting the Pyotr Velikiy Kirov-class heavy missile cruimago images/Poolfoto

Die Russen sind dort besonders empfindlich und auf der Hut - speziell vor aufklärenden westlichen U-Booten.

Ein britischer Admiral erzählt

Der 2013 verstorbene britische Admiral Sir John „Sandy" Woodward, Befehlshaber der Schlachtflotte im Falklandkrieg mit Argentinien 1982 und ursprünglich U-Boot-Offizier, erzählte kurz vor seinem Tod der „Presse", wie er als Commander des Atom-U-Boots HMS „Warspite" Anfang der 1970er in der Region getaucht gefahren sei:

„Wir lagen oft vor Murmansk, wo die Russen ihre Nordflotte haben. Die Typen waren so inkompetent, wir hätten jederzeit anklopfen können. Einmal sind wir sozusagen auf Armlänge um eines ihrer strategischen U-Boote gekurvt, um seine Höhe zu messen. Daraus kann man die Reichweite der Raketen schätzen. Die haben nichts bemerkt. Ein anderes Mal parkten wir unter dem Hubschrauberträger „Leningrad" (Anm.: ein U-Jagd-Schiff), vielleicht 20 Meter tiefer. Nach etwa einer Stunde haben die bemerkt, dass was faul ist, ein Zerstörer dampfte heran, pingte. Wir legten das Ruder hart an, gaben Gas und liefen in Gegenrichtung unter dem Zerstörer in die Tiefe und weg."

Auf Nowaja Semlja fanden zu Sowjetzeiten Atomwaffentests statt und durch die Barentssee führt ein Teil der Schifffahrtsroute der Nordostpassage zwischen Pazifik und Atlantik, die angesichts immer größerer Eisfreiheit zusehends befahren wird.

Russlands erweiterte Ansprüche

Zudem haben die Russen in den vergangenen Jahren ihre Ansprüche in der Arktis ausgeweitet, ihre Nordflotte verstärkt und neue Stützpunkte in der Region errichtet - etwa die große Basis Nagurskaja auf einer Insel von Franz-Josef-Land im Norden der Barentsse, rund 1400 Kilometer nördlich von Murmansk.

Military.ru

Das westliche Manöver sei dementsprechend im Voraus, nämlich am 1. Mai, in Moskau angekündigt worden, um eine „unvorhergesehene Eskalation" zu vermeiden, betonte die Kommandeurin der 6. US-Flotte, Vice Admiral Lisa Franchetti. Das russische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass man die fremden Schiffe beobachte. Das wird wohl zumindest durch Flugzeuge und U-Boote geschehen, von größeren Annäherungen wurde bisher nichts bekannt.

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