Fahrbericht

VW Passat Variant: Neuentdeckung eines alten Bekannten

Unsichtbar – oder ein Ausdruck von maximalem Understatement: Der Passat in vollem Ornat – als Variant (eh klar) in der Ausstattungsstufe Elegance plus R-Line.
Unsichtbar – oder ein Ausdruck von maximalem Understatement: Der Passat in vollem Ornat – als Variant (eh klar) in der Ausstattungsstufe Elegance plus R-Line. (c) Die Presse/Clemens Fabry
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VW Passat Variant, das klingt nach mittlerem Vertreter-Glück als Dauerläufer zwischen Salzburg und Wien. Dabei weiß die Baureihe mehr zu überzeugen denn je.

Wien. Die Mittelklasse hat gelitten – was sozioökonomisch allerorten konstatiert wird, ist bei den Pkw-Formaten längst gut belegtes Faktum. Die heimische Zulassungsstatistik, von SUVs in allen Größen und Formen angeführt, sieht sie auf dem vierten Platz – und immer weiter erodierend.

Liebesentzug

Stellvertretend für sie kann man den VW Passat heranziehen, der das Segment seit Jahrzehnten nicht nur anführt, sondern in heutiger Form überhaupt erst begründet hat. Mit seinem Debüt 1973 war der Passat vor dem Golf dran.

Und das ist wohl auch schon das Hauptvergehen der Mittelklasse für den schleichenden Liebesentzug – dass sie der Kundschaft einfach ein bisserl fad geworden ist über die Zeit, wo doch das SUV mit seinem imposanten Aufbau und dem Versprechen, mehr Auto zu bieten, lockt. Die goldenen Jahre, da VW vom Passat in Europa an die 350.000 Exemplare absetzte, liegen jedenfalls gut 20 Jahre zurück. Heute ist man bei weit weniger als der Hälfte.

Verschmerzbar für den Konzern, wer sich sorgt, weil die Konkurrenz maßgeblich aus dem eigenen Haus kommt. Dabei muss sich die bei genauerem Blick schon sehr anstrengen, will sie es mit den handfesten Tugenden des guten, alten, nun freilich frisch überarbeiteten Passat der achten Generation aufnehmen.

Ziehen wir als SUV den Bestseller Tiguan heran, muss es schon die auf 4,7 Meter gestreckte Langversion Allspace sein, und selbst die kann es – bei so gut wie gleichem Radstand – nicht mit dem Platzangebot des Passat Variant aufnehmen. Bei umgelegten Rücksitzen offenbart sein Laderaum Talente als Schlafstatt mit über zwei Metern in der Länge und mehr als eineinhalb in der Breite. Wenn schon alle das Abenteuer mit dem Auto suchen: der Passat, mit einem kleinen Zelt dabei, empfiehlt sich glatt noch als Familien-Camper.

Der Eindruck von Geräumigkeit herrscht ebenso auf den vorderen Plätzen vor; ergonomisch – mit dem Gestühl als Highlight – und in Sachen Materialqualität scheint der höchste Reifegrad erreicht: Viel Spaß, wer hier nach einem ernsthaften Makel suchen will. Die Hochwertigkeit fällt im neuen, nunmehr höchsten Ausstattungs-Trimm Elegance, zweifellos noch deutlicher ins Auge oder spielt durch die feine Dynaudio-Anlage akustisch auf. Bevor man sich schon auf Oberklasse-Niveau wähnt, irritieren allerdings deutlich hörbare Rückmeldungen des Fahrwerks auf den Straßenzustand. Das ließe sich noch aufwendiger dämmen. Wer es auf die mehr als 10.000 Euro günstigere Einstiegsvariante – nun schlicht Passat genannt – abgesehen hat, muss auf DSG verzichten. Das täten wir ungern, auch weil Komfortfunktionen des assistierten Fahrens daran gebunden sind. Die Stop-and-go-Automatik wird allein mit Tasten auf dem Lenkrad bedient.

Digitales Cockpit, Langstreckensitze, bitte DSG und gutes Bordsystem: im Passat.
Digitales Cockpit, Langstreckensitze, bitte DSG und gutes Bordsystem: im Passat.(c) Die Presse/Clemens Fabry

Auch der äußere Zuschnitt gefällt. Wenn man sich in einem weißen Passat schon nahe der Unsichtbarkeit bewegt, so dies auf eigentlich sehr stilsichere Weise. Bleibt die Frage nach dem Motor. Bei einem Passat fallen viele Kilometer an, und so regiert dort auch der Diesel uneingeschränkt. Aus gutem Grund, der neu entwickelte, mit zweifacher SCR-Abgasreinigung ausgestattete 150-PS-TDI brilliert mit Klangmanieren, Durchzug und beim Verbrauch.

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

VW Passat Variant 2.0 TDI

Maße L/B/H 4773/1832/1516 mm. Radstand 2786 mm. Leergewicht 1590 kg (mit DSG). Laderaum 650–1780 Liter.

Motor R4-Zylinder-Turbodiesel, 1968 ccm. Max. 110 kW (150 PS), max. 340 Nm. Testverbrauch 6,1 l/100 km.

Preis ab 45.720 Euro („Elegance“, DSG)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2020)

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