Manipulationsvorwürfe werden laut, Beweise dafür gibt es aber keine. Die Partei kündigt eine notarielle Überprüfung an.
Wien. Es sollte der Befreiungsschlag für Parteichefin Pamela Rendi-Wagner werden: Nach monatelanger Führungsdiskussion präsentierte sie am Mittwoch dem SPÖ-Vorstand das Ergebnis ihrer Mitgliederbefragung, das sie – gegen den Widerstand hochrangiger Genossen – zu einer Abstimmung über ihre Person umfunktioniert hatte. Und das Ergebnis gab ihr Rückendeckung: 71 Prozent der SPÖ-Mitglieder bestätigten sie als Obfrau, und das bei einer Wahlbeteiligung von 42 Prozent, die damit weit über den Erwartungen lag.
Doch so ganz ist die Beruhigung der parteiinternen Debatte nicht gelungen: Schon am Tag danach regte sich in der Parteiorganisation erheblicher Zweifel an den Ergebnissen der Befragung. Offene Kritik an der Parteiführung bleibt vorerst noch aus, aber hinter vorgehaltener Hand wird quer durch die SPÖ große Skepsis geäußert. Grund dafür ist das Ergebnis und da speziell die unerwartet hohe Beteiligung. Befeuert wird das durch die Wahlkommission selbst: Dort wollten fünf von 14 Mitgliedern das Ergebnis nicht zur Kenntnis nehmen. Kritisiert wird auch die mangelnde Transparenz: So wird nicht ausgewiesen, wie sich Beteiligung und Abstimmungsergebnis auf die Bundesländer aufteilen.
1 Ist eine Beteiligung von 42 Prozent realistisch?
Skeptiker verweisen auf zwei Befragungen aus der jüngsten Vergangenheit, beide fanden in der Ära von Rendi-Wagners Vorgänger, Christian Kern, statt: Bei der Frage, ob das Freihandelsabkommen Ceta umgesetzt werden soll, beteiligten sich neun Prozent der Mitglieder, bei der Umfrage zu einer neuen Parteistruktur waren es 22 Prozent. Bei beiden Umfragen hatte der Parteiapparat voll mobilisiert, um ein hohes Ergebnis zu erhalten. Das gilt auch für eine Befragung im Burgenland, bei der ein Rücklauf von 53 Prozent erreicht wurde. Damals sei man sogar zu den Parteimitgliedern nach Hause gegangen, um die Fragebögen abzuholen, heißt es in der Landespartei.