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Strache und die FPÖ: Die wahre Krise hieß gar nicht Ibiza

Die Heldengeschichte der FPÖ hatte kein Happy End.
Die Heldengeschichte der FPÖ hatte kein Happy End. APA/HANS PUNZ
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Die Heldengeschichte der FPÖ hatte kein Happy End. Und es ist noch unklar, wer das nächste Kapitel schreibt.

Am 8. Mai geht es um etwas ganz anderes: Österreich feiert den Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands. Heuer jährt sich die Befreiung von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft zum 75. Mal. Trotzdem lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen, wie die FPÖ den Tag begeht. Es sagt viel über den Zustand der Partei aus – ein Jahr nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos.

Die FPÖ trifft sich an diesem Freitag auf einem Privatgrundstück mit der Adresse Mölker Bastei 16 in Wien. Dort steht seit 2018 ein Denkmal für die „Trümmerfrauen“, von der Stadtregierung und Historikern kritisiert, gesponsert von einem privaten Stifter. Parteichef Norbert Hofer legt am Vormittag einen Kranz nieder. „Wir wollen an diesem Tag einerseits an die Opfer des Zweiten Weltkriegs erinnern, gleichzeitig aber auch unsere Dankbarkeit für die Leistung der Trümmerfrauen ausdrücken“, schreibt er später auf Facebook.

Der Heldenplatz, an dem Freiheitliche und Burschenschafter früher das höchst umstrittene „Totengedenken“ abgehalten haben, wird seit 2014 vom Mauthausen-Komitee für das „Fest der Freude“ reserviert. Später blieben den Freiheitlichen als Teil der Regierung offizielle Feierlichkeiten. Und heuer? Nun, eine Bronzefigur im Ersten Bezirk. Sie sendet, wie die FPÖ so oft, gemischte Signale. Denn die Geschichte der „Trümmerfrauen“ als Heroinen wird von Experten längst als verkürzt gesehen.
Dass Heldengeschichten oft genau das sind – Geschichten eben –, mussten die Freiheitlichen in den vergangenen zwölf Monaten schmerzhaft erfahren. 14 Jahre lang hatten sie Heinz-Christian Strache als Parteichef gestützt und gefeiert. Der Bruch kam am 17. Mai 2019 um 18 Uhr. Nicht nur, weil zu diesem Zeitpunkt die Video-Auszüge von Ibiza publik wurden. Sondern auch, weil Strache für seine wichtigsten Mitarbeiter nicht mehr erreichbar war. Norbert Hofer erfuhr von den Aufnahmen nicht von Strache, sondern von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Obmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner saß gerade auf dem Rasenmäher, als die Eilmeldung kam. Verteidigungsminister Mario Kunasek bereitete sich auf den steirischen Landesparteitag vor, der am nächsten Tag stattfinden sollte. Am Ende war es laut eigenen Aussagen der damalige Innenminister, Herbert Kickl, der Strache mitteilte: Das war's.

Es war in erster Linie aber nicht Ibiza, das die Partei erschütterte. Immerhin erhielt die FPÖ bei der EU-Wahl, kurz nach dem Koalitionsbruch, noch 17,2 Prozent der Stimmen. Auch im Nationalratswahlkampf waren die Freiheitlichen stabil. Doch dann kam der Spesenskandal – und damit die Verwerfungen mit dem Ehepaar Strache. Das Ergebnis: 16 Prozent der Stimmen. 2017 waren es noch 26 Prozent gewesen. Die FPÖ verlor Unterstützer in zwei Richtungen: an die ÖVP und ins Nichtwählerlager.

Aus Fehlern lernen

Strache hatte als Obmann von den Fehlern seines Vorgängers Jörg Haider gelernt. Im Zweifel war ihm innerer Zusammenhalt wichtiger als die Außenwirkung. Jetzt muss die FPÖ von Straches Fehlern lernen: Wer gegen die privilegierte Elite schimpft, darf nicht selbst Teil davon sein. Egal, welche Linie die Partei wählt, sie muss authentisch sein.
Das ist die Frage, die die FPÖ beantworten muss. Auch ein Jahr nach Ibiza. Wohin will sie sich entwickeln? Ist eine Regierungsbeteiligung das Ziel? Oder glaubt man mittlerweile selbst, was Kurz vor einem Jahr sagte: „Die FPÖ kann es nicht!“ Auf Veranstaltungen merkt man, welchen Weg der große Teil der FPÖ-Basis gehen möchten: den von Kickl, dem rauen Oppositionspolitiker. Er ist es auch, der gerade am öftesten im Rampenlicht steht. Doch in Umfragen liegt die Partei gerade bei 13 Prozent. Gäbe es einen Urnengang, wären nicht nur viele Wähler verschwunden. Sondern auch Posten für Funktionäre. Vielleicht wollen einige in der Partei auch deshalb einen konzilianteren Stil. Bis die Frage beantwortet wird, muss eine andere Krise bewältigt werden. Nicht Ibiza, nicht der Spesenskandal. Sondern Corona.

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