Der Berliner Forscher Daniel Dettling prognostiziert, dass die Zukunft am Land liegt: Warum Städter als „Superspreader“ gesehen werden, Corona nur ein Beschleuniger ist und warum man bei einer Spaltung zwischen Stadt und Land sensibel sein sollte.
Man hört es im Privaten, von Therapeuten bis Maklern: Die Coronakrise ist in engen Städten ungleich schwerer zu ertragen als am Land. Der Drang ins Grüne, nach Freiraum wächst. Wie nehmen Sie das wahr?
Daniel Dettling: Corona war vor allem eine Katastrophe der Ballungsgebiete. Die Bilder aus London, Madrid und aus New York haben gezeigt, dass die großen Städte als nervöse Virenbeschleuniger, als Virenverbreiter gesehen werden. Das Virus wird eher als ein urbanes Problem wahrgenommen. Das führt dazu, dass Leute wieder mehr ländliches Wohnen nachfragen werden. Schon vor der Pandemie war zu beobachten, dass Menschen Entschleunigung, überschaubare Räume, Nachbarschaft und Heimat suchen. Große Städte, sogenannte Global Cities, zu denen auch Wien gehört, werden als permanente Risikogebiete wahrgenommen. Zahlen, etwa aus Ostdeutschland, belegen, dass die Verbreitung des Virus weniger hoch ist, wo die Besiedelung geringer ist. Das Abstandsgebot ist am Land die tägliche Lebensform, da muss niemand umlernen, man hält schon immer Distanz.