Black Monday

Die Welt wird digitaler – aber gleich in solchem Ausmaß?

Jeff Bezos konnte seinen Rang als reichster Mensch der Welt weiter ausbauen.
Jeff Bezos konnte seinen Rang als reichster Mensch der Welt weiter ausbauen.(c) REUTERS (Lindsey Wasson)
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Techmilliardäre sind reicher geworden, IT-Aktien erklimmen Allzeithochs. Da ist viel Zukunftshoffnung eingepreist, die sich erst erfüllen muss.

In der Krise wurden die Karten neu gemischt. Das zeigt sich etwa, wenn man einen Blick auf die Rangliste der reichsten Milliardäre der Welt wirft. Um 28,3 Milliarden Dollar ist das Vermögen von Bernard Arnault geschrumpft, wie Bloomberg-Daten zeigen. Niemand hat durch die Krise in absoluten Zahlen so viel verloren wie der Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH. Zumindest auf dem Papier, denn verkauft hat er seine Aktien ja nicht. Es handelt sich vor allem um Anteile an Christian Dior, LVMH und anderen Luxusfirmen, und die haben angesichts der weltweiten Ausgangsbeschränkungen und Zukunftsängste derzeit keinen guten Stand.

Zufälligerweise sind 28,3 Milliarden Dollar auch der höchste Betrag, um den ein einziger Mensch seit Jahresbeginn sein Vermögen steigern konnte. Dieser Mensch ist Amazon-Gründer Jeff Bezos, der nunmehr 143 Milliarden Dollar schwer ist und seinen Rang als reichster Mensch der Welt damit weiter ausbauen konnte.

Arnault ist mit seinen nur noch 77 Mrd. Dollar auf Platz vier zurückgefallen. Den dritten Platz musste er an Facebook-Chef Mark Zuckerberg abgeben, der trotz Krise reicher geworden ist. Das gelang insgesamt sechs der zehn Reichsten. Alle kommen aus dem Technologiebereich: Neben Bezos und Zuckerberg zählen Ex-Microsoft-Chef Steve Ballmer, die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin sowie Oracle-Gründer Larry Ellison zu den Krisengewinnern.
Bill Gates ist nicht dabei. Er ist zwar mit 106,6 Mrd. Dollar der zweitreichste Mensch der Welt, sein Vermögen ist aber seit Jahresbeginn geschrumpft. Das hat damit zu tun, dass es nur noch zu einem geringen Teil aus Microsoft-Aktien besteht. Die Microsoft-Aktie ist allerdings gestiegen.

Der gesamte Technologiesektor ist unter allen elf Sektoren im Weltaktienindex MSCI World der einzige, der seit Jahresbeginn ein Plus aufweist. Die anderen Branchen haben zwischen zwei Prozent (Gesundheit) und 38 Prozent (Öl) nachgegeben.

Und das, obwohl die Krise auch an den Techkonzernen nicht spurlos vorübergeht. So erlebte Google im März einen Rückgang der Werbeeinnahmen. Facebook fürchtet trotz gestiegener Nutzerzahlen Geschäftseinbrüche in den kommenden Monaten.

Der Onlinevideodienst Netflix konnte neue Kunden gewinnen, fürchtet aber, dass dieses Wachstumstempo nicht zu halten ist. Zumal die Konkurrenz nicht schläft. Um dieser mit neuen Produktionen Paroli zu bieten, schrieb Netflix seit 2014 in allen Quartalen negative Cashflows – außer im abgelaufenen. Rechtfertigt das ein Kursplus von mehr als einem Drittel seit Jahresbeginn?

Den Anlegern scheint es bei den Technologiewerten derzeit weniger um die harten Zahlen zu gehen als um die Zukunftsaussichten. Viele Menschen haben in der Krise die Dienstleistungen von Amazon, Netflix, Facebook und Google erst so richtig schätzen gelernt. Einen guten Teil von ihnen wird man wohl behalten können, so hoffen die Investoren.

Das zeigte sich auch, als der Onlinebezahldienst PayPal kürzlich seine Quartalszahlen präsentierte. Das Unternehmen erlitt im ersten Quartal einen schweren Gewinnrückgang, die Aktie gab nach der Zahlenvorlage zunächst nach. Doch dann verwies PayPal-Chef Dan Schulman auf den starken Anstieg von Nutzern und Transaktionen im April. Und der 1. Mai war der beste Tag der Firmengeschichte. Daraufhin drehte die Aktie und stieg auf ein Rekordhoch. „Die Welt verändert sich gerade von physisch zu etwas mehr digital“, sagte Schulman.

Genau diese Zukunftshoffnung ist es, die den Technologieaktien Auftrieb verleiht. Ob sie berechtigt ist und auch von den harten Zahlen bestätigt wird, wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen.

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