Crashkurs Arbeitsrecht

Aussetzen des Dienstverhältnisses, etwa wegen Corona

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Folge 77. Unternehmer U kann es sich nicht leisten, seine Dienstnehmer weiterzuzahlen. So vereinbart er am 1. April die Beendigung der Dienstverhältnisse mit Wiedereinstellungszusage zum 1. August. Haben die Dienstnehmer so lange Anspruch auf Arbeitslosengeld? Und: Wie sicher ist die Wiedereinstellungszusage?

In der Vereinbarung wird auch geregelt, dass keine Ansprüche aus der Endabrechnung wie Abfertigung, Urlaubsersatzleistung etc. ausbezahlt werden. Auch Sabine R., Dienstnehmerin von U, unterschreibt diese Vereinbarung.

U meldet in weiterer Folge gegenüber dem Sozialversicherungsträger die Beendigung des Dienstverhältnisses. Sabine R. fragt sich nun, ob sie sich sicher sein kann, dass sie am 1. August tatsächlich wieder bei U zu arbeiten beginnen kann. Außerdem ist ihr unklar, ob sie in der Zeit der Aussetzung Arbeitslosengeld beantragen kann und ob sie ein neues Dienstverhältnis mit einem anderen Dienstgeber eingehen und auf die Wiedereinstellung bei U verzichten könnte.

Karenzierung oder auflösende Aussetzung?

Bei der Aussetzung eines Arbeitsverhältnisses ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen der echten Aussetzung (Karenzierung, unbezahlter Urlaub) und der auflösenden Aussetzung (Unterbrechnung, Beendigung mit Wiedereinstellungszusage).

Bei einer Karenzierung bleibt das Dienstverhältnis aufrecht und es ruhen lediglich die Hauptpflichten (Entgelt und Arbeitsleistung) aus dem Dienstverhältnis. Da das Dienstverhältnis in diesem Fall nicht beendet ist, besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Aussetzung.

Bei der Beendigung des Dienstverhältnisses mit Wiedereinstellungszusage vereinbaren die Parteien die Beendigung des Dienstvertrages, beabsichtigen jedoch eine Neueinstellung des Dienstnehmers zu einem bestimmten Zeitpunkt. Möglich wäre auch eine Dienstgeberkündigung mit Wiedereinstellungszusage. Diese Variante kommt jedoch in der Praxis nur selten vor.

Die Abgrenzung einer Karenzierung (echte Aussetzung) von der Beendigung mit Wiedereinstellungszusage (auflösende Aussetzung) erfolgt im Zuge einer Gesamtbeurteilung, wobei nachstehende Aspekte für eine Beendigung mit Wiedereinstellungszusage sprechen:

  • Vereinbarung der Beendigung
  • Zusage der Wiedereinstellung
  • keine Anrechnung der Zeiten der Aussetzung für dienstzeitabhängige Ansprüche
  • sozialversicherungsrechtliche Abmeldung durch den Dienstgeber
  • Bezug von Arbeitslosengeld
  • Auszahlung von Beendigungsansprüchen

Die Nichtauszahlung von Beendigungsansprüchen alleine führt allerdings nicht zwangsläufig dazu, dass im Sinne einer Gesamtbeurteilung eine Karenzierung vorliegt.

Im gegenständlichen Fall wurde die Beendigung vereinbart und eine Wiedereinstellungszusage des Dienstgebers abgegeben. Zwar wurden keine Beendigungsansprüche ausbezahlt, jedoch hat U die Beendigung des Dienstverhältnisses gegenüber der Sozialversicherung gemeldet. In Gesamtbeurteilung wird wohl – ohne weitere Anhaltspunkte, die für einen Scheinvertrag sprächen – von einer Beendigung mit Wiedereinstellungszusage im Sinne einer auflösenden Aussetzung auszugehen sein.

Wirkungen der Beendigung mit Wiedereinstellungszusage und Regelungsmöglichkeiten

Grundsätzlich werden auch bei Beendigung mit Wiedereinstellungszusage die üblichen (Beendigungs-)Ansprüche wie bei Beendigung eines Dienstverhältnisses ausgelöst. Der Dienstnehmer hat sohin allenfalls Ansprüche auf Abfertigung, Auszahlung von Ersatzleistungen für unverbrauchten Urlaub, anteilige Sonderzahlungen, etc. In einer Vereinbarung der Beendigung des Dienstverhältnisses mit Wiedereinstellungszusage kann jedoch geregelt werden, dass die aus der Beendigung resultierenden Ansprüche in das neue Dienstverhältnis mitgenommen werden. Diese Ansprüche werden in weiterer Folge spätestens dann fällig, wenn der Dienstnehmer das neue Dienstverhältnis hätte aufnehmen müssen, es jedoch nicht antritt.

Während der Aussetzungszeit werden grundsätzlich keine Anwartschaften für dienstzeitabhängige Ansprüche erworben. Gegenteiliges kann jedoch vereinbart werden. Allerdings stellt eine Anrechnung der Aussetzungszeiten ein starkes Indiz dafür dar, dass ein Scheinvertrag vorliegt und tatsächlich eine Karenzierung des Dienstnehmers gewollt ist und dies auch gegebenenfalls vom AMS so beurteilt wird.

Die Wiedereinstellungszusage ist für den Dienstgeber verbindlich. Er muss also dem Dienstnehmer die Möglichkeit bieten, zum vereinbarten Termin ein neues Dienstverhältnis einzugehen. Der Dienstnehmer hingegen ist nicht verpflichtet, ein neues Dienstverhältnis mit dem Vertragspartner aufzunehmen. Er sollte dem Dienstgeber jedoch vor dem vereinbarten Termin der Wiedereinstellung bekannt geben, dass er vom Wiederantritt Abstand nimmt.

Sabine R. hat somit einseitig Anspruch auf Neubegründung des Dienstverhältnisses am 1. August. Hingegen muss sie das Dienstverhältnis nicht aufnehmen, wenn sie zwischenzeitig eine neue Stelle findet und darauf verzichten möchte. Tritt Sabine R. die Arbeit bei U am 1. August nicht an, werden die aus der Beendigung resultierenden Ansprüche aus dem Dienstverhältnis fällig.

Bezug von Arbeitslosengeld während der Aussetzung des Dienstverhältnisses

Je nach den bisherigen Versicherungsanwartschaften und dem Lebensalter kann grundsätzlich bei Beendigung des Dienstverhältnisses durch einvernehmliche Beendigung des Dienstverhältnisses Arbeitslosengeld maximal zwischen 20 bis 52 Wochen bezogen werden. Liegt eine Wiedereinstellungszusage vor, vermittelt das Arbeitsmarktservice erst nach einer bestimmten Zeit, die je nach Bundesland von sechs Wochen bis zu drei Monaten beträgt. Sabine R. kann sohin während der Aussetzung des Dienstverhältnisses Arbeitslosengeld beziehen, muss jedoch vermittlungsbereit sein.

Fazit

Da eine Beendigung mit Wiedereinstellungszusage vereinbart wurde, hat Sabine R. Anspruch auf die Neubegründung des Dienstverhältnisses. Möchte sie vom Wiederantritt Abstand nehmen, steht ihr diese Möglichkeit offen. Dann werden die Beendigungsansprüche spätestens mit dem Termin des beabsichtigten Wiederantrittes fällig. Während der Aussetzung kann sie den Bezug von Arbeitslosengeld beantragen.

Dr. Roland Heinrich ist Rechtsanwalt und Partner bei Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH (SCWP Schindhelm) am Standort Wels mit Schwerpunkt im Bereich des Arbeitsrechts.

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