Leitartikel

Wollen wir die Globalisierung aufhalten oder mitgestalten?

FILE PHOTO: Worker checks containers at a logistics center near Tianjin port, in Tianjin, China
FILE PHOTO: Worker checks containers at a logistics center near Tianjin port, in Tianjin, ChinaREUTERS
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Nach der Coronakrise wird sich die Weltwirtschaft neu aufstellen. Bleibt Europa in nationalem Kleinkrämertum verhaftet, dann wird das bitter.

In der Theorie sieht die Sache so aus: Corona wird die Welt, wie wir sie kennen, völlig verändern, sagen uns Experten. Die Globalisierung ist tot, weltweite Lieferketten sind gerissen, Regionalität ist künftig gefragt. Das gilt besonders für jene Sektoren, in denen sich Europa in zu große Abhängigkeit begeben hat. Zum Beispiel für die Pharmaindustrie, die schon mehr als 80 Prozent ihrer Medikamentenwirkstoffe aus China und Indien bezieht. Dieses Problem erzeugt unterdessen auch auf dem politischen Radar – von Wien bis Brüssel – immer stärkere „Blips“.
Im wirklichen Leben sehen wir dagegen anderes: Der Pharmakonzern Novartis etwa, haben wir neulich gelesen, sei gerade dabei, seine Penicillin-Produktion zu verlagern. Die letzte ihrer Art in Europa. Und zwar von Tirol nach Fernost. Das sieht eher nach „Business as usual“ aus als nach „Zurück zum Ursprung“.

Das Ganze ist kein Widerspruch: Global agierende Unternehmen müssen sich nach Effizienzkriterien richten. Auch weiterhin. Wenn es die politischen Rahmenbedingungen zulassen, dann produzieren sie dort, wo es am günstigsten ist. Auf diesem Prinzip beruht ein nicht unwesentlicher Teil unseres aktuellen Wohlstands.
Dieses Konzept hat, das hat uns die Pandemie gnadenlos gezeigt, auch Schwächen. Unter anderem hat es zu den oben skizzierten zu großen Abhängigkeiten geführt. Nicht nur bei Medikamenten.
Die Unternehmen, das kann man mit Sicherheit vorhersagen, werden darauf kurzfristig reagieren. Sie werden beim Reparieren ihrer gerissenen Lieferketten darauf achten, dass regional stärker diversifiziert wird, sie werden das „Just in time“-Prinzip aufweichen und zumindest zur Notlagerhaltung zurückkehren – aber sie werden, schon aus Konkurrenzgründen, nicht die gesamte Produktion in Europa konzentrieren.

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