Die Brüsseler Drehtüren rotieren wie geschmiert

FILE PHOTO: European Union flags fly outside the European Commission headquarters in Brussels
FILE PHOTO: European Union flags fly outside the European Commission headquarters in BrusselsREUTERS
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Ein Chef-Bankenaufseher wird Chef-Bankenlobbyist, eine Kommissionsberaterin Facebooks Beraterin für Kommissionsbeeinflussung: das Gespür dafür, was sich gehört, und was nicht, sorgt für empörende Karriereentscheidungen.

Warum eigentlich gibt es eine Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA)? Nun, man mag es vielleicht schon vergessen haben, aber vor der gegenwärtigen tiefsten Rezession seit den 1930er-Jahren hatten wir bereits eine tiefste Rezession seit den 1930er-Jahren, und zwar jene nach dem Lehman-Brothers-Bankrott im Jahr 2008. In dessen Heckwelle zeigte sich auch in der Europäischen Union, dass das Bankengeschäft miserabel beaufsichtigt worden war. Das lag maßgeblich daran, dass jene, für welche die Regeln gelten, diese oft selber schrieben. Stichwort: Bankenlobby.

Insofern glaubten viele Brüsselbeobachter im vergangenen Herbst, einem schlechten Scherz aufzusitzen, als bekannt wurde, dass Ádám Farkas sein Amt als Exekutivdirektor der EBA in Paris nahtlos gegen jenes als als Chef der Bankenlobby AFME in Brüssel zu tauschen. Am Montag erhielten sie die Bestätigung von der Europäischen Ombudsfrau Emily O'Reilly: Farkas hätte nach den bindenden Regeln des EU-Personalstatuts diesen Posten zumindest für eine Abkühlphase von zwölf Monaten nicht annehmen dürfen. Doch bei der EBA herrscht offenkundig der Schlendrian: wochenlang nach dem Jobangebot hatte Farkas noch immer ungehinderten Zugang zu vertraulichen EBA-Dokumenten. Und selbst mit dem (rechtlich folgenlosen) Befund der Ombudsfrau konfrontiert, verzichten die Herrschaften in Paris auf ein Mea Culpa: alles vorschriftsmäßig gelaufen, kein Grund zur Selbstkritik.

Freilich: die strengsten Vorschriften sind wirkungslos, solange es in einer gewissen aufstiegsgierigen Tranche des Brüsseler Politikbetriebs null Empfinden dafür gibt, was sich gehört, und was nicht. Wie anders ist es etwa zu erklären, dass eine frühere Kabinettsmitarbeiterin des damaligen finnischen Kommissars Jyrki Katainen, die nach dessen vorzeitiger Rückkehr nach Finnland im Thinktank von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geparkt wurde, dieser Tage zur Brüsseler Cheflobbyistin von Facebook ernannt wurde? Sie sei „thrilled“, sich Facebook anzuschließen und ein Team von „talentierten Politikprofis“ zu leiten, trillerte besagte Aura Salla via Twitter. Schau an: während ihres (letztlich erfolglosen) Europawahlkampfes hatte die finnische Christdemokratin noch eingefordert, die sozialen Netzwerke müssten mehr Selbstverantwortung für ihr Tun übernehmen. Wie es aussieht, sind sie damit nicht allein in der EU-Hauptstadt.

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