Grüner Bundesrat Dönmez: „Bin nicht islamophob“

Grüner Bundesrat Dönmez: „Bin nicht islamophob“
Grüner Bundesrat Dönmez: „Bin nicht islamophob“Efgani Dönmez (c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Rassismus bei den Grünen? Der Grüne Bundesrat Dönmez wehrt sich im "Presse"-Interview gegen den Vorwurf, er gebrauche „islamophobe Diskursstrategie“. Seiner Kollegin Korun wirft er „absurdes“ Verhalten vor.

Efgani Dönmez
Efgani Dönmez(c) APA (Herbert Pfarrhofer)

»"Diese öffentliche Selbstkastration ist für mich nicht nachvollziehbar"«

Efgani Dönmez
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Efgani Dönmez(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Efgani Dönmez(c) APA (Herbert Pfarrhofer)

„Die Presse“: Herr Dönmez, sind Sie islamophob?

Efgani Dönmez:
Das bin ich nicht. Ich bin selbst aufgeklärter Moslem mit alevitischen Wurzeln.


Es wird Ihnen jedenfalls im kürzlich erschienenen Buch zur „Islamophobie in Österreich“ vorgeworfen.

Dönmez:
Ja,  ich werde hier diffamiert, aber nicht, weil ich die Religion kritisiert hätte, sondern weil ich islamische Organisationen und ihre Repräsentanten kritisiere. Unter dem Deckmantel der Religion und mithilfe politischer Parteien wird in Österreich die konservativ-religiöse Politik der Herkunftsländer sogenannter muslimischer Vereine betrieben. Religion wird benutzt, um damit politisches Kleingeld zu machen. Man wirft mich in einen Topf mit rassistischen und islamophoben Personen, weil ich das zum Thema mache.


Welche Organisationen und Repräsentanten meinen Sie konkret?

Dönmez:
Omar Al-Rawi als Abgeordneter der Sozialdemokraten und gleichzeitig Integrationsbeauftragter der IGGiÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anmerkung) ist meiner Auffassung nach die personifizierte Unvereinbarkeit von Politik und Religion. Hier macht die SPÖ in Wien eine ganz billige Rechnung, indem sie die wenigen jüdischen gegen die hunderttausenden muslimischen Stimmen aufrechnet. Es ist ein wesentlicher Punkt, der den SPÖ-Strategen offenbar überhaupt nicht geläufig ist, dass Omar Al-Rawi nicht jenes Sprachrohr aller Muslime in Österreich ist, als das er gilt. De facto ist es so: Die IGGiÖ vertritt nur ein Prozent der über 400.000 Muslime in Österreich.


Das oben genannte Buch war aber Thema einer Podiumsdiskussion im Parlament, die nicht die SPÖ, sondern die Grüne Bildungswerkstatt und die grüne Migrationssprecherin  Alev Korun, veranstaltet haben.

Dönmez:
Das ist ja das Absurde an der Sache. Statt dass man den eigenen Abgeordneten in Schutz nimmt vor Diffamierungen, geben eine grüne Institution und meine Kollegin Korun dem politischen Islamismus eine Bühne um dessen Ansichten zu verbreiten.

Warum?

Dönmez:
Das weiß ich auch nicht. Es wird jedenfalls noch für Diskussionen sorgen. Ich habe ja kein Problem damit, dass auch Grüne meine Arbeit und meine Ansichten kritisieren. Wenn eine derartige Veranstaltung stattfindet, im Parlament, organisiert von Teilen der Grünen und von einer Abgeordneten, dann würde ich aber zumindest erwarten, dass Personen, die in diesem Buch kritisiert werden, die Möglichkeit bekommen, auf dem Podium dazu Stellung zu nehmen. Das war nicht der Fall.



Wie haben Sie von der Veranstaltung erfahren?


Dönmez:
Durch Dritte, später habe ich das Rundmail bekommen wie alle Abgeordneten.

Wie passt denn das eigentlich zur Parteilinie der Grünen, dass man konservativ-klerikalen Strömungen eine Plattform bietet?

Dönmez:
Darauf habe auch ich keine Antwort.


Steckt dahinter ein Schielen auf die Wählerschaft im IGGiÖ-Umfeld?


Dönmez:
Nein, sicher nicht. Denn diese Wählerschaft werden die Grünen, die aufgeklärte, eher hohe Bildungsschichten ansprechen, ohnehin nie erreichen.


Was dann?

Dönmez:
Ich weiß nicht, warum Kolleginnen diese Strömungen unterstützen. Vielleicht ist es eine nicht enden wollende Toleranz allem und allen gegenüber. Ich sehe, dass es innerhalb der Grünen im Bereich der Migration und Integration unterschiedliche Herangehensweisen gibt. Wir in Oberösterreich sind der Überzeugung, dass man sich auch fragen muss, mit wem erreiche ich dieses Ziel der Integration und mit wem nicht. Wir müssen über das sprechen, was wir in der Migrationspolitik nicht haben möchten – nämlich Gruppen, die überhaupt kein Interesse an Österreich und der österreichischen Gesellschaft haben. Für diese sollte es die Möglichkeit von Sanktionen geben – bis zum Entzug des Aufenthaltstitels. Da gibt es innerhalb der Grünen noch keine erkennbare  Linie. Das sorgt offensichtlich für Irritation in Wien.


Sorgen die Turbulenzen in Wien, etwa rund um Bezirksparteispaltungen im Grünen Wahlkampf, auch für Irritation in den Länderorganisationen?

Dönmez:
Diese öffentliche Selbstkastration ist für mich nicht nachvollziehbar.


Wie konnte es soweit kommen? Anders gefragt: Sind Sie zufrieden mit der Bundesparteiführung?

Dönmez:
Fußballtechnisch ausgedrückt: Ein Trainer kann nur so gut sein wie seine Spieler und wenn man gewinnen will, müssen diese eine Symbiose ergeben.


Das heißt, es gibt zu viele Einzelkämpfer und zu wenige Teamplayer bei den Grünen?

Dönmez:
Das heißt, dass man Wahlen nur dann gewinnen kann, wenn man diejenigen, die an die Spitze der Partei gewählt wurden, nicht öffentlich demontiert.

Auf einen Blick

Ein ganzes Kapitel in dem Buch „Islamophobie in Österreich“ (Studienverlag) ist dem türkischstämmigen Bundesratsabgeordneten Efgani Dönmez (34) gewidmet. Ihm wird der Gebrauch „islamophober Diskursstrategie“ vorgeworfen. Als das Werk Mitte Juni im Parlament diskutiert wurde, saß Parteikollegin Alev Korun auf dem Podium.

("Die Presse" Printausgabe vom 15. Juli 2010)

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