Ibiza-Video

Ibiza-U-Ausschuss: Spektakel zum Auftakt

1 JAHR 'IBIZA-VIDEO'
1 JAHR 'IBIZA-VIDEO'APA/HARALD SCHNEIDER
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„Hauptdarsteller“ Heinz-Christian Strache ist ebenso gleich im Juni als Zeuge vorgesehen wie Bundeskanzler Sebastian Kurz. 30 Personen stehen bis Mitte Juli auf der Ladungsliste.

Wien. Ein Jahr, nachdem das Ibiza-Video die türkis-blaue Regierung zu Fall gebracht hat, startet die parlamentarische Aufklärung der Affäre. Und zwar mit einem Untersuchungsausschuss, der gleich zu Beginn spektakuläre Befragungen verspricht. SPÖ und Neos haben am Dienstag ihre Befragungsliste für die erste Phase der Untersuchungen vorgelegt: 30 Personen sind bis Mitte Juli geladen. Formal beschlossen ist die Liste allerdings noch nicht: Der Schritt soll am Mittwoch erfolgen.

Den Anfang machen demnach die „Hauptdarsteller“ des Videos: Der frühere freiheitliche Parteichef Heinz-Christian Strache und der frühere Klubchef Johann Gudenus sind gleich für den ersten Tag, den 4. Juni, geladen. Deren freimütige Erzählungen gegenüber der angeblichen Oligarchennichte werden im Mittelpunkt der Befragung stehen – vor allem Straches Bemerkungen über großzügige Parteispender.

Zuvor ist noch der Journalist Florian Klenk am Wort: Der „Falter“-Chefredakteur gehört zu den wenigen, die das Video in voller Länge gesehen haben. Offen ist, ob er neue Details erzählen wird, Klenk könnte sich auf das Redaktionsgeheimnis berufen. Kai Jan Krainer, Fraktionsführer der SPÖ im Untersuchungsausschuss, geht aber davon aus, dass dies nicht unter das Redaktionsgeheimnis fällt.

Unternehmer im Rampenlicht

Am zweiten Tag stehen sonst eher öffentlichkeitsscheue Unternehmer im Rampenlicht: Novomatic-Eigentümer Johann Graf, Waffenproduzent Gaston Glock und die Milliardärin Heidi Goëss-Horten, die von Strache im Video als Großspender für Parteien genannt wurden. Glock hatte dies umgehend dementiert, von Horten weiß man inzwischen, dass sie tatsächlich Großspenderin ist – allerdings für die ÖVP. Und die Verstrickungen von Novomatic mit den Parteien stehen ohnehin im Zentrum dieses Untersuchungsausschusses.

In der zweiten Woche sind dann wieder Politiker an der Reihe: Da geht es um das Thema Casinos Austria und um den Verdacht, dass für die Bestellung von FPÖ-Politiker Peter Sidlo zum Casinos-Vorstand Gegenleistungen an Casinos-Miteigentümer Novomatic in Aussicht gestellt wurden. SPÖ und Neos, die den Untersuchungsausschuss installiert haben und damit auch das Recht haben, Auskunftspersonen zu laden, nehmen nun die ÖVP ins Visier: Bundeskanzler Sebastian Kurz und der frühere Finanzminister Hartwig Löger sollen aussagen, was sie von den personellen Deals mitbekommen haben.

Die These von SPÖ und Neos: Die Bestellung von Sidlo, den der Personalberater als fachlich ungeeignet einschätzte, wäre ohne Wissen und Mithilfe der ÖVP nicht möglich gewesen. Gegen Löger ermittelt deshalb auch die Staatsanwaltschaft. Ebenfalls dazu befragt wird der jetzige FPÖ-Obmann Norbert Hofer, der damals als Regierungskoordinator in alle Personalentscheidungen eingebunden gewesen sein soll.

Seltsame Vereinskonstrukte

Ebenfalls ein Thema in der ersten Phase der U-Ausschusses sind jene seltsamen Vereinskonstrukte, über die die FPÖ ihre Spenden abgewickelt haben soll. Strache hatte solche Umgehungskonstruktionen ja im Ibiza-Video beschrieben – und tatsächlich waren kurz danach etliche Vereine mit FPÖ-Nähe gefunden worden.

Auch ein ehemaliger SPÖ-Politiker ist im Juni als Zeuge geladen: Dietmar Hoscher, ehemaliger Vorstand der Casinos, dessen überaus großzügige Abfindung nach Auslaufen des Vertrags auch parteiintern für einige Irritationen gesorgt hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2020)

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