Südamerikas Hotspot

Covid-19 gedeiht in Brasiliens Chaos

REUTERS
  • Drucken

Die Therapie sei schädlicher als die Seuche, die Aufregung um das Virus eine „Neurose“: Präsident Bolsonaro inszeniert sich, während eine Amtsenthebung näher rückt.

„Wie bitte?“ So entgegnete Brasiliens Gesundheitsminister, Nelson Teich, Journalisten, die ihn um Erklärung baten. Warum erkläre die Regierung gerade Friseure, Schönheitssalons und Fitnessstudios zu essentiellen Tätigkeiten, während sich das Coronavirus im Land schneller ausbreite als irgendwo sonst in der Welt. Der Minister, erst ein paar Wochen im Amt, war offenbar nicht konsultiert worden, bevor Präsident Jair Bolsonaro zu Wochenbeginn die landesweiten Arbeitsverbote für diese körpernahen Beschäftigungen aufhob. Er erfuhr davon erst vor laufenden Kameras.

Diese Episode vom Wochenanfang illustriert das institutionelle Chaos, mit dem das größte Land Lateinamerikas der Pandemie begegnet. Mit mehr als 11.500 registrierten Todesfällen und mehr als 168.000 Infizierten hat sich das fünftgrößte Land der Welt zum Hotspot von Covid-19 in Südamerika entwickelt. In sechs der 26 Bundesstaaten, darunter Rio de Janeiro, ist das öffentliche Gesundheitssystem zusammengebrochen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Indigene mit Schutzmaske bei einer Beisetzung
Pandemie

Bereits 38 indigene Völker in Brasilien von Corona betroffen

Das Virus erreiche mit "beängstigender Geschwindigkeit" alle Gebiete der Ureinwohner. Zugleich sollen illegale Holzfäller und Goldschürfer in die Regionen vordringen.
Nelson Teich
Corona-Politik

Brasiliens Gesundheitsminister tritt zurück

Nelson Teich reichte wegen "Unvereinbarkeit" mit der Corona-Politik von Staatschef Bolsonaro seinen Rücktritt ein.
Außenpolitik

Video bringt Brasiliens Präsident Bolsonaro in Bedrängnis

Die Vorwürfe rund um möglichen Amtsmissbrauch des Populisten verhärten sich. Bolsonaro soll den Chef der Bundespolizei ausgewechselt haben, um Ermittlungen gegen Familienmitglieder zu stoppen.
Anhänger von Jair Bolsonaro in der Hauptstadt Brasília halten nicht sehr viel von sozialem Abstandhalten – der Staatspräsident ja auch nicht.
Südamerikas Coronadramen

Corona als politische Waffe: Die Strategien dreier Staatschefs in Südamerika

Abschottung oder Ausbreitung? Die Staatschefs in Brasilien, Argentinien und Venezuela versuchen, die Covid-19-Gesundheitskrise für ihre politischen Ziele zu nutzen.
Coronakrise

"Chaos": Massengräber für Corona-Tote in Amazonas-Metropole

Die brasilianische Millionenstadt Manaus kämpft mit schnell steigenden Totenzahlen. Bald könnten die Särge ausgehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.