Pizzicato

Aus Alkohol werde Antiseptik

Wenn man in den vergangenen Wochen in Moskauer Apotheken nach Einwegmasken und Desinfektionsmitteln gefragt hat, fühlte man sich mitunter, als wäre man auf der Suche nach heißer Schmugglerware.

„Haben wir nicht“, hieß es schroff von der anderen Seite des Verkaufstisches. Wobei Masken überhaupt nicht zu bekommen waren und es mit dem Desinfektionsmittel zugegebenermaßen ein wenig besser aussah: Zunächst wurden teure europäische Produkte angeboten. Nachdem diese ausgegangen waren, folgten allmählich die russischen nach.

Nun will das russische Parlament auf unkonventionelle Weise die einheimische Sanitizer-Produktion ankurbeln. Die Abgeordneten schlagen vor, dass konfiszierter Hochprozentiger zu Hand-Desinfektionsmittel weiterverarbeitet werden soll. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens spart man Ausgaben zur Aufbewahrung von sichergestelltem Alkohol; zweitens erzeugt man in der Coronakrise etwas äußerst Sinnvolles, ja potenziell Lebensrettendes. Derzeit wird illegal gebrannter Alkohol auf Gerichtsentscheid vernichtet. Sage und schreibe 21 Millionen Liter sollen zur Weiterverarbeitung auf die Regionen des Landes verteilt werden. Was werden jene Russen dazu sagen, die auf die Wirkung von Wodka – egal ob zur Hand- oder Munddesinfektion – schwören?

Reaktionen an: jutta.sommerbauer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2020)

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