Gastbeitrag

Gutschein statt Eintrittsgeld zurück: Lösung mit Fragezeichen

Die Absage der jeweils vierten Spiele der Viertelfinal-Serie der Erste Bank Eishockey Liga waren nicht die letzten, sondern unter den ersten
Die Absage der jeweils vierten Spiele der Viertelfinal-Serie der Erste Bank Eishockey Liga waren nicht die letzten, sondern unter den erstenAPA/EXPA/REINHARD EISENBAUER
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Das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz soll Insolvenzen von Veranstaltern vermeiden. Für sehr häufig vorkommende Fälle – den Kauf mehrerer Tickets auf einmal – sucht man aber vergeblich nach einer Regelung.

Zum Autor

Rechtsanwalt Mag. Gunther Gram ist Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte.

Der Gesetzgeber ermöglicht den wirtschaftlich derzeit schwer betroffenen Veranstaltern die Übergabe von Gutscheinen statt der – umgehenden – Rückerstattung von Eintritts- oder Teilnahmepreisen. Geregelt ist das im Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz = KuKuSpoSiG) und seit 6.5.2020 in Kraft. Worum geht es, und worin könnten Schwierigkeiten liegen?

Veranstalter können die – umgehende – Rückzahlung von Eintrittsgeldern oder Teilnahmegebühren („Eintrittskarten“) für COVID-19 bedingt abgesagte Veranstaltungen durch die Ausgabe von Gutscheinen vermeiden, und zwar für alle Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse, die aufgrund der Covid-19-Pandemie entfallen – das sind Konzertveranstaltungen, Opernaufführungen, Theateraufführungen, Filmvorführungen, Performances, Besuche von Museen oder Kulturdenkmälern und alle Sportveranstaltungen mit entgeltlicher (Publikums-)Beteiligung, und zwar auch im Freizeitsportbereich.

Kein Gutschein von Weiterverkaufsplattformen

Wenn der Veranstalter eine Gebietskörperschaft ist, im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht oder für den eine Gebietskörperschaft haftet, gilt das Gesetz jedoch nicht – da der Gesetzgeber mit dem KuKuSpoSiG Insolvenzen von Veranstaltern vermeiden will. Die „Gutschein-statt-Rückzahlung-Lösung“ gilt (offenbar aus denselben Überlegungen des Gesetzgebers) daher auch ausdrücklich für über einen Vermittler (Ticketvertrieb im regulären Kartenvorverkauf) erworbene Eintrittskarten. Für den Sekundärmarkt (Ticket-Weiterverkaufsplattformen) – somit nicht direkt vom Veranstalter oder über einen Vermittler – erworbene Eintrittskarten gilt das Gesetz hingegen nicht (somit ist auch der beim Erwerb über den Sekundärmarkt gezahlte – allenfalls höhere – Preis nicht über einen Gutschein abzugelten).

Der Gutschein entspricht der Höhe des bezahlten Entgelts für die Eintrittskarte, und es dürfen keine zusätzlichen Kosten für die Ausstellung und Übermittlung oder die Einlösung des Gutscheins anfallen. Die Regelungen des KuKuSpoSiG sind gegenüber Verbrauchern im Sinn des Konsumentenschutzgesetzes einseitig zwingend und können daher nicht zu ihren Lasten, sehr wohl aber zu ihren Gunsten abbedungen werden; eine freiwillige Entgegennahme von Gutscheinen in einem höheren als dem gesetzlich vorgesehenen Wert ist somit möglich. Gesetzlich gelten folgende Werte (die Höhe des bezahlten Entgelts ist entscheidend):

  • Entgelt für Eintrittskarten bis zu 69,99 Euro kann jedenfalls mit einem Gutschein abgegolten werden;
  • hat das Entgelt für Eintrittskarten zwischen 70 und 250 Euro betragen, können 70 Euro durch einen Gutschein ersetzt werden und der Rest ist zurückzuzahlen;
  • hat das Entgelt mehr als 250 Euro betragen, sind 180 Euro zurückzuzahlen und der Rest kann durch den Gutschein abgegolten werden.

Spezielles ist für wiederkehrende Abonnements geregelt, denn der Abonnent kann statt eines Gutscheins oder der Rückzahlung die Anrechnung auf die Kosten eines folgenden Abonnements verlangen. Sind Veranstaltungen z.B. im Rahmen eines Abonnements nur teileweise entfallen, gilt das Gesetz für den die entfallenen Veranstaltungen betreffenden Anteil.

Mehrtägige Veranstaltungen

Nicht im Gesetz steht (sondern ergibt sich aus den Erläuterungen des Justizausschusses), dass die vorgenannten Betragsgrenzen auch gelten, wenn gleichzeitig Eintrittskarten für mehrere verschiedene Veranstaltungen erworben wurden – und zwar bezogen auf die Teilentgelte für jede einzelne Veranstaltung. Bei Eintrittskarten für mehrtägigen Veranstaltungen gelten – auch das ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern aus den Erläuterungen – die vorgenannten Betragsgrenzen bezogen auf jeden einzelnen Veranstaltungstag. Nicht geregelt – und auch den Erläuterungen des Justizausschusses nicht zu entnehmen – ist jedoch der wohl häufigste Anwendungsfall, nämlich welche Betragsgrenzen gelten sollen, wenn für eine Veranstaltung nicht nur eine, sondern gleich mehrere Eintrittskarten erworben wurden. Systemgleich kann dieser Fall aber wohl nur so behandelt werden, dass die Betragsgrenzen auch hier bezogen auf den Preis jeder einzelnen Eintrittskarte gelten (und nicht der gesamte Entgeltpreis für alle gleichzeitig erworbenen Eintrittskarten zu berücksichtigen ist).

Auch zur Verjährung sagt das Gesetz nichts. Es gilt die dreijährige Verjährungsfrist des ABGB, wobei der Verjährungsbeginn wohl nicht später als mit dem Tag der Absage der Veranstaltung eintreten wird (an diesem Tag entsteht auch der aufgrund des Gesetzes durch den Gutschein substituierbare Rückforderungsanspruch). Man darf gespannt sein, ob sich aus diesen durch das Gesetz nicht geklärten Rechtsfragen Rechtsstreitigkeiten ergeben.

Tickets werden durch Inhaberpapiere ersetzt

Besucher (oder Teilnehmer) können die Gutscheine laut dem Gesetz beliebig an jede natürliche Person „übergeben“ – möglich ist somit auch eine entgeltliche Übergabe von Gutscheinen; nicht möglich ist jedoch die Übergabe an juristische Personen oder auch Personengesellschaften. Die „Gutscheine des KuKuspoSiG“ sind somit Inhaberpapiere (und die Inhaber müssen natürliche Personen sein); außer dem Besitz des Gutscheins ist somit für die Berechtigung kein anderer Beweis erforderlich (auch nicht für die Übertragung des Gutscheins an den jeweiligen Inhaber) – der Gutschein selbst ist ein ausreichendes Beweismittel für die Berechtigung des Inhabers (somit wäre selbst ein gutgläubiger Erwerb von einem Nichtberechtigten möglich).

Insolvenzrisiko folgt dem Gutschein

Die Gutscheine können für jede andere künftige Veranstaltung desselben Veranstalters eingesetzt und müssen vom Veranstalter für jede seiner Veranstaltungen angenommen werden. Für den Inhaber des Gutscheins hingegen besteht keine Verpflichtung, den Gutschein einzulösen. Löst der Inhaber – aus welchen Gründen auch immer – den Gutschein nicht bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 ein, so muss der Veranstalter den Wert des Gutscheins danach auf Aufforderung (die Bekanntgabe der Kontonummer, damit die Überweisung auch erfolgen kann, ist zu empfehlen) unverzüglich auszahlen. Zur Abrundung: Eine Verzinsung erfolgt nicht. Die Insolvenzgefahr liegt beim Inhaber des Gutscheins.

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