Bildwissenschaft

Ungleiche Bilder der Krise

Die symbolische Funktion der Gesichtsmasken – und der Bilder davon: Als Individuen klinken wir uns damit ins Kollektiv ein.
Die symbolische Funktion der Gesichtsmasken – und der Bilder davon: Als Individuen klinken wir uns damit ins Kollektiv ein. (c) REUTERS (Jennifer Lorenzini)
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Die Coronakrise hat in der nationalen Berichterstattung viele verschiedene Facetten. Die begleitenden Bilder erzählen oft ganz eigene Geschichten. Sie können etwa den Zusammenhalt beschwören oder die Politik still anklagen.

Erinnern Sie sich noch an die Bilder der Ebolafieber-Epidemien aus West- und später Zentralafrika? Leidende, sich krümmende kranke Menschen, ausgemergelte Körper, schreckgeweitete Augen, weinende Kinder. Die Kamera hält drauf. Wieder und wieder. Der Blick westlicher Medien ist oft ein paternalistischer, voyeuristischer und pietätloser, wenn er das Leid des Globalen Südens in publikumswirksame Bilder gießt. Es ist ein Blick, der symbolische Grenzen zieht – zwischen uns hier und denen dort. Dann kam Covid-19 – und mit dem Ausbruch der Pandemie in Europa eine völlig neue Seuchenbilderwelt in Zeitungen und Fernsehen.

Vom Helfenden zum Opfer

„Die sogenannte Dritte Welt als Opfer gibt es in allen möglichen Variationen, da mischt sich zum Teil eine christliche Opferikonografie hinein. Bilder davon haben im Westen eine lange Tradition“, sagt die Historikerin und Bildwissenschaftlerin Anna Schober vom Institut für Kulturanalyse der Universität Klagenfurt, die zu Bildwelten und Öffentlichkeit forscht. „Wir haben uns diese Menschen von anderen Kontinenten, Menschen in Not, durch diese Bilder einfach hergeholt, um uns in eine Situation der Helfenden – aber in der Hierarchie höher stehend – zu befördern.“ Mit der Asylkrise 2015 und der vermehrten Sichtbarkeit von geflüchteten Menschen in Europa hat sich die Ausgangslage geändert, hat Schober in einer früheren Forschung festgestellt: Ein beliebtes Motiv damals waren Kindergesichter hinter Glasscheiben, etwa in Bussen: „Diese Gesichter waren wie ein Spiegel, in dem unsere Großzügigkeit reflektiert wurde.“

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