Pfarrwerfner Saibling von Vitus Cooking
Kulinarisch durchs Salzburgerland

So schmeckt der Berg

Was im Vorjahr mit „Festspielen der Alpinen Küche“ in Zell am See-Kaprun offiziell begonnen hat, soll im September seine Fortsetzung finden. Aber auch so können kulinarisch Reisende die Köche und Produzenten auf der Via Culinaria im Salzburgerland ansteuern.

Saftige Almen mit fetten Hennen, kauenden Kühen und schmatzenden Schweinen; mineralwasserklare Bäche und trinkbare Seen voller frischester Fische; kräftige und kräftigende Kräuter, süße und pikante Früchte – und dazu Zuckerguss auf den Gletschern: Mit den Augen eines Genießers betrachtet, möchte man hineinbeißen in diese alpine Herrlichkeit. In gewisser Weise machen das die Köche und Wirte, die Bauern und Schnapsbrenner, die Käser und Fleischhauer der Alpenregion auch möglich.

Vor allem gilt das für das Salzburgerland, wo Spitzenköche wie Andreas Döllerer schon seit geraumer Zeit einer eigenständigen „Alpine Cuisine“ Vorschub leisten. Im Vorjahr mündete das gewachsene Interesse an einer „Alpinen Küche“ in ihren ersten „Festspielen“ in Zell am See-Kaprun. Auch heuer, wenn coronamäßig nichts dazwischenkommt, soll die von der Salzburgerland Tourismus initiierte Veranstaltung wieder stattfinden. Der Termin, auf den alle derzeit hinarbeiten, ist der 20. September. In zwei Tagen soll diese „Alpine Küche“, die Frische und Natur, greifbar, essbar und schmeckbar gemacht werden. Auch viele der bei der Premiere im Vorjahr Beteiligten planen diesmal wieder dabei zu sein. Angedacht ist auch ein Format am Abend, an dem sich das Festspielpublikum aktiv beteiligen kann.

Entlang der Via Culinaria vom Flachgau ins Pinzgau

Traditionell alpine Kost aus den Salzburger Bergen: Kasnocken. Wird man auf der Via Culinaria immer wieder essen können.
Traditionell alpine Kost aus den Salzburger Bergen: Kasnocken. Wird man auf der Via Culinaria immer wieder essen können.(c) Markus Berger

Nicht, dass man die alpinen Köstlichkeiten nicht schon bisher in Gasthäusern (wo der Gast König ist), Wirtshäusern (dort, wo der Wirt sich die Gäste aussucht) und Restaurants bestellen konnte. Oder ihnen im Zuge einer Reise kreuz und quer zwischen dem Flachgau und dem Pinzgau begegnet: Die „Via Culinaria“ führt seit mehr als zehn Jahren zu Produzenten und Gastronomie, nicht als durchgängige Straße, sondern als Netzwerk von ausgezeichneten Adressen. Heute gibt dieser Kulinarik-Reiseführer durch das Salzburgerland mehr als 300 Empfehlungen ab – laufend werden es mehr. Auch die vor 25 Jahren geborene Veranstaltungsreihe des „Salzburger Bauernherbsts“ war so eine Idee, die landwirtschaftlichen Produkte und regionalen Hersteller breiter bekannt zu machen.
Die Definition von „Alpiner Küche“ ist nicht einfach. Das gilt ebenfalls für die Abgrenzung zu anderen Regionen, an dem der Alpenraum Anteil hat. Muss es auch gar nicht. Diese „Festspiele der Alpinen Küche“ in Zell am See-Kaprun sollen mit Beispielen theoretisch wie praktisch untermauern, warum das „Alpine“ eine ebenso spezifische Angelegenheit ist wie eine „Italienische“ oder eine „Skandinavische Küche“. Unter anderem gibt es dazu ein Symposium.

Viel über das Thema weiß das Urgestein der Alpinkulinarik, der Schweizer Dominik Flammer. Er beschäftigt sich seit Langem damit, erzählt mit Begeisterung von den 1500 Apfelsorten, den 35 Rinderrassen, von 50 autochthonen Weinen und der unglaublichen Vielfalt an Essbarem (allein 35 verschiedene und verschieden schmeckende Heckenrosen hat er entdeckt) der Alpenregion, nachzulesen in dem Buch „Das kulinarische Erbe der Alpen“. Dafür hat er sich sieben Jahre lang auf Entdeckungsreise begeben, in denen er nach vergessenen Lebensmitteln, Nutztierrassen, Rezepttraditionen und Obst- und Gemüsesorten forschte. Eine wunderbare Quelle für Ideen zur „Alpinen Küche“.

Jakobsmuscheln? Nein, Ochsenmark!

Andreas Döllerer, Pionier der alpine cuisine bei den Festspielen der Alpinen Küche im Vorjahr.
Andreas Döllerer, Pionier der alpine cuisine bei den Festspielen der Alpinen Küche im Vorjahr.(c) Franz Neumayr

Zahlreiche bekannte Küchenchefs aus der Alpenregion sind bei den Festspielen dabei. Wie etwa der bekannte Sternekoch Andreas Döllerer, der seit Jahren einige alpine Signature Dishes auf der Speisekarte seines Genießerrestaurants und Wirtshauses in Golling hat. Döllerer kreiert für seine Menüs originelle Namen, nennt Gerichte nach Bergwanderungen aus der Umgebung seines Heimatorts, oder entwickelt Speisen wie „Alpine Jakobsmuscheln“, die sich dann als geflämmtes Ochsenmark herausstellen. Aber auch die schlichten Kasspatzen, serviert mit einem kleinen Kresse-Beet, sind bei ihm perfekt – es muss nicht immer ausgefeilte Spitzenküche sein, manchmal genügt auch die liebevolle Zubereitung rustikaler Traditionsgerichte. Dass man damit leider nicht immer berühmt wird, das beklagen Puristen und Jungköche oft. Auch Döllerer erzählte bei den Festspielen im Vorjahr, dass er, je länger er kocht, desto mehr Mut findet, vieles wegzulassen. Man solle das Produkt erkennen, meint er, aber keinen „Produktfaschismus“ betreiben, also regionale Gerichte bestmöglich zubereiten, und wenn da manchmal ein Gewürz, eine Beilage passt, die nicht aus 20 Kilometer Umkreis kommt, trotzdem damit arbeiten.

Der Wald dient als Inspiration

In den Bergen entwickeln die Köche aus den Regionen eine spezielle Sprache. Dazu gehört auch der Einsatz neuer (im Sinne von: wiederentdeckt) Zutaten, von Bergwacholder bis Fichtenwipfeln, von Liebstöckelöl bis Röstmohn. Wie Spitzenkoch Josef Steffner vom Mesnerhaus in Mauterndorf (Lungau) sammeln viele Pflanzen nicht nur im Kräutergarten, sondern auch im Wald, dem „Wohnzimmer der Tiere“, verarbeiten Lärchenpech, Baumflechten, Blätter, Rinden, Waldbeeren und -früchte.

Der Umgang mit den Zutaten aus dem Wald macht's zusätzlich spannend. Zum Beispiel erfindet Vitus Winkler aus St. Veit im Pongau („Vitus Cooking“ im „Sonnhof“) Kochkunstwerke nach Höhenmetern und erzählt dazu die passenden Geschichten, etwa einen Waldspaziergang über Moos und Rinde. Auch Bäche und Flüsse macht Winkler quasi lebendig.

Das Almleben kennen, ein „Alpines Rezept“ entwickeln

Das alpine Leben kennt Rudi Pichler sehr gut, der Koch (Seehof Goldegg) hat auch schon zwei Jahre als Senner auf einer Alm verbracht. Im Film „Lehrling der Zeit“ verweist der Kleinarler auf das karge Leben der Bauern früherer Jahrhunderte, deren Überlebensmittel das war, was sie selbst gepflanzt, gesammelt, geschlachtet oder erjagt hatten. Pichler zeigt, wie kostbar die Zutaten sind, die man manchmal sogar am Straßenrand findet – wenn man weiß, wie man sie zubereitet, zum Beispiel die Kornelkirsche (Dirndl) als „Pongauer Olive“ mariniert.

Auf die regionalen Zutaten kommt es an: etwa frische Eierschwammerl aus dem Wald im Salzburgerland.
Auf die regionalen Zutaten kommt es an: etwa frische Eierschwammerl aus dem Wald im Salzburgerland.(c) Tom Son

Naturgemäß wird bei den Festspielen die Geschichte der Küche in den Alpen erforscht, belebt und als Kulturgut geteilt – früher gab es oft nur mündliche Überlieferung. Zudem ist die Herkunft der Zutaten Teil der Entwicklung des „Alpinen Rezepts“. Bauern und regionale Produzenten schließen sich mit Köchen kurz, erarbeiten gemeinsam Regional-Qualität und Rezepturen, probieren und tüfteln. Vieles fußt auf Tradiertem: Fleischhauer- und Barbecue-Meister Helmut Karl (Kochschule und Dorfmetzgerei in Salzburg) berät von „nose to tail“. Vieles ist ja schon aus der Mode gekommen, wie das „Flotzmaul“ für den Ochsenmaulsalat. Die Qualität muss stimmen und man muss wissen, wie man ein Tier zerlegt, man welche Teile wie zubereitet. 100 Teile kennt Karl. In der Gastronomie werden bloß zehn bis 15 davon angeboten, wobei 99 Prozent eines Tieres kulinarisch genützt werden können.

Vom Käse zum Kaviar

Natürlich ist im Salzburgerland Käse immer ein Thema. Da trifft man bei den „Festspielen“ oder vor Ort in Kleinarl drei Landwirte, die sich zusammengeschlossen haben, um zu buttern und käsen. Kosten kann man diesen Almgeschmack dann in Form von Bocksberger Käse (mit Bockshornklee), als „Schnittiger Kleinarler“ oder Kräuterling. Natürlich gibt's auch Schnaps, er gehört zur „Alpinen Küche“ wie ein handwerkliches Bier, das als Begleitung zum Vielgängemenü passt, etwa vom „1. Biergut“ in Wildshut.

Selbst Alpenkaviar hat Einzug in den Bergen gehalten, vom sibirischen Stör, der sich in den Fischteichen von Walter Grüll rund um Salzburg tummelt, geschmacklich wie preislich vom russischen kaum zu unterscheiden. Oder Eis aus lokaler Schafmilch, das in speziellen Boxen per Post versandt wird. Und besonders ideenreiche Kleinstbetriebe, die auch abseits der Trampelpfade überleben, weil sie Besonderes zu bieten haben: Zum Beispiel ein Rosenfrühstück im Rosencafé in Fusch. Mit Schwimmteich und einem Schlafhüttchen mitten auf der Wiese mit Recycling-Nebenhütte im Angebot. Sie war einst die Mautstelle zum Großglockner und dient nun umgebaut als gut ausgestattetes, winziges und witziges Badezimmer.

Alpine Küche im Salzburgerland

Festspiele der Alpinen Küche: 20. bis 22. 9. 2020, https://alpinekueche.com
Kulinariktipps: Sternekoch Andreas Döllerer Pionier der „Alpine Cuisine“. Genießerrestaurant und Wirtshaus Döllerer in Golling: www.doellerer.at
Waldspaziergang auf dem Teller bei Josef Steffner im Mesnerhaus in Mauterndorf: www.mesnerhaus.at
Vitus Winkler im Sonnhof in St.Veit im Pongau: https://verwoehnhotel.at
Rudi Pichler, Jungkoch mit Geschichtsbewusstsein, (Film „Lehrling der Zeit“) www.lehrlingderzeit.at
Barbecuemeister Helmut Karl: bestes Fleisch, Catering und eigene Gewürzsaucen: www.helmutkarl.at
Alpenkaviar: www.gruell-salzburg.at
Besondere Schnäpse: bei Siegfried Herzog, 500 Jahre alter Erbhof Keilbauer in Saalfelden: www.herzogdestillate.at
Viele Biergeschmäcker: www.biergut.at
Käse in Kleinarl: www.bioausdemtal.at
Eis aus Schafmilch: www.eisl-eis.at
Frühstück: bei Birgit und Josef Schattbacher in Taxenbacher-Fusch, www.bijo.farm
Via Culinaria:www.salzburgerland.com
Infos:www.salzburgerland.com, www.zellamsee-kaprun.com
Compliance: Die Reise erfolgte auf Einladung von Salzburgerland Tourismus

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