Gastronomie

Elisabeth Köstinger: „Ja, wir können besser werden“

Wirt Harald Brunner, Ministerin Elisabeth Köstinger, WKÖ-Obmann Mario Pulker und „Presse“-Redakteur Gerhard Hofer beim „Lokalaugenschein“.
Wirt Harald Brunner, Ministerin Elisabeth Köstinger, WKÖ-Obmann Mario Pulker und „Presse“-Redakteur Gerhard Hofer beim „Lokalaugenschein“.(c) Katharina F.-Roßboth
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Tourismus- und Landwirtschaftsministerin Köstinger ist auf Lokalaugenschein in einem Wiener Gasthaus und gibt selbstkritisch zu, dass die Regierung einiges besser machen kann.

Wien. Harald Brunner steht die Freude ins Gesicht geschrieben. Endlich kann der Wiener Szenewirt sein Das Spittelberg wieder aufsperren. Für das Wochenende ist er einmal gut ausgebucht. Nur wenn er auf die alte Reservierungsliste schaut, kommt Wehmut auf. „Heute 80 Gäste, morgen 60“, liest er. Die Reservierungen stammen noch von der Zeit „vorher“. Heute passen in sein Lokal im siebenten Bezirk gerade einmal 60 Leute. Jeden zweiten Tisch musste er coronabedingt herausnehmen. „Sonst geht sich das nicht mit dem Ein-Meter-Abstand aus.“

All das erzählt Brunner seinem ersten Gast. Ministerin Elisabeth Köstinger ist auf Lokalaugenschein. Medien sind mit dabei. Interviews, Fotos, Interviews. „Und das mit der Kurzarbeit ist wirklich eine sehr gute Geschichte für uns“, sagt Brunner. „Endlich einmal etwas Positives, bin ich in letzter Zeit gar nicht mehr gewohnt“, scherzt die Ministerin.

Aber natürlich weiß auch Brunner nicht, wie es nach diesem gut gebuchten ersten Wochenende weitergeht. Köstinger versucht erst gar nicht so zu tun, als ob sie es wüsste. „Wir haben keine Erfahrungswerte. Unsere Generation war noch nie mit einer Pandemie konfrontiert.“ Natürlich habe man Lehren aus der Wirtschaftskrise gezogen, speziell im Tourismus gibt es Parallelen zu 9/11. Nach dem Terror in den USA 2001 wurden auch alle Flüge gestrichen, wurde ebenfalls die weltweite Reisefreiheit eingeschränkt, „aber dieses Wieder-Hochfahren“ sei neu, sagt die Tourismusministerin.

Ihr sei klar, dass die Wiener Gastronomie und Hotellerie am stärksten betroffen ist, lukrieren sie doch bis zu 80 Prozent der Umsätze durch internationale Gäste. „Auch die Kunst- und Kulturszene spielt eine wichtige Rolle“, betont sie. Aber man könne all das nur „Schritt für Schritt gemeinsam hochfahren“.

Neben Köstinger hat Mario Pulker Platz genommen. Er ist Obmann des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer. Er hat die Rahmenbedingungen für die Wirte mitverhandelt. Und natürlich haben Virologen einen anderen Zugang zu gewissen Dingen. So sei ursprünglich vorgesehen gewesen, dass das Küchenpersonal Mundschutz tragen muss. „Bei 50 Grad mit Mundschutz, das geht einfach nicht“, sagt Pulker. Außerdem sei auf der ganzen Welt kein Fall bekannt, bei dem das Virus über Lebensmittel übertragen worden sei. Gastronom Brunner ist auch froh darüber, dass die Gäste innerhalb des Lokals keinen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen. Auch das war ein Punkt intensiver Verhandlungen, berichtet Pulker. „Gäste haben gesagt, wenn sie im Lokal mit Mundschutz sitzen müssen, dann kommen sie nicht“, erzählt Harald Brunner.

All diese Verhandlungen im Hintergrund führen aber auch dazu, dass viele Regelungen sehr kurzfristig bekannt gegeben werden und in der Vergangenheit auch immer wieder adaptiert wurden. Bei Unternehmern, die zumindest eine gewisse Planungssicherheit brauchen, stößt dies auf Unverständnis. „Ja, wir können besser und schneller werden“, sagt Köstinger.

»„Das klare Bekenntnis der Regierung zu den Unternehmen hat es von Beginn an gegeben.“
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Elisabeth Köstinger



Natürlich sei auch die Bundesregierung von den Ereignissen überrollt worden. Für Kurzarbeit seien ursprünglich 400 Millionen Euro veranschlagt worden. Heute sind 1,5 Millionen Österreicher in Kurzarbeit, und der Staat muss dafür zehn Milliarden budgetieren. Kurzarbeit sei ursprünglich für große Industriekonzerne konzipiert worden, nicht für Klein- und Mittelbetriebe etwa in der Gastronomie. All dies habe zu Problemen in der Umsetzung geführt. Das Arbeitsmarktservice, das für die Abwicklung der Kurzarbeit zuständig ist, sei schnell an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. „Das klare Bekenntnis der Regierung zu den Unternehmen hat es aber von Beginn an gegeben“, betont Köstinger. Jetzt gelte es, dieses Bekenntnis in die Tat umzusetzen und danach zu trachten, dass die Hilfsmittel auch wirken.

„Der Staat kann einem Unternehmen nicht den ganzen Umsatz ersetzen“, sagt Pulker. Es heiße schließlich „Hilfsfonds und nicht Ersatzfonds“. Die Soforthilfe sei sehr schnell ausbezahlt worden. Dass es beim Hilfsfonds länger dauere, liege an der Komplexität der Materie. „Man hat so etwas seit dem Zweiten Weltkrieg noch nicht gehabt“, sagt Pulker. Er verstehe jeden Unternehmer, der um seine wirtschaftliche Existenz fürchtet und ungeduldig auf Überbrückungskredite der Banken wartet. Pulker berichtet von Bankfilialen, die an zwei Tagen so viele Kreditanträge hereinbekommen haben wie normalerweise in einem ganzen Jahr.

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