Song der Woche

Einstürzende Neubauten: Unendlichkeit mit Erdresten

(c) Mote Sinabel
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Die Einstürzenden Neubauten begannen 1980 in Westberlin als Berserker. Ihr neues Album „Alles in Allem“ enthält einige Stücke mit Berlin-Bezug (z. B. „Tempelhof“).

Einstürzende Neubauten: „Alles in Allem“. „I contain multitudes“, sang Bob Dylan unlängst: Der alternde Sänger findet die ganze Welt in seinem Ich. Blixa Bargeld meint nur scheinbar das gleiche, wenn er hier schwelgt: „In der Unendlichkeit bin ich auch – alles in allem – unendlich oft vorhanden.“ Hier dräut das unvorstellbare Grauen der echten Unendlichkeit: Sie enthält nicht nur alles Mögliche, sondern auch alles unendlich oft. Einen verschwindenden Teil davon schildert er in elegischem Ton zu ebensolcher Orgel in den Strophen: Wir sehen „eine Wolke mit kleinen Augen“, an der noch „Erdreste“ hängen, einen „trickreichen Schattenspieler“, „eine Plasmazelle ohne Zellkern“. Es ist eine fremde und seltsame Welt, sangen die Kollegen von Der Plan einst, als die Einstürzenden Neubauten noch lärmten und drängten. Heute machen sie spätromantisches Welttheater, und N. U. Unruh spielt mit dem Beserl dazu. Ein deutsches Künstlerschicksal.

(c) Beigestellt

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Christoph Sepin (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2020)

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