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Krokodilstränen für Ulrike Lunacek

Die Presse/Clemens Fabry
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Regel Nummer eins für Kommentatoren, nicht nur in der Kulturpolitik: Nach dem (auch medial) forcierten Rücktritt gibt es eine angemessene Portion Mitleid. Regel Nummer zwei: Nun wird mit der Suche nach weiteren Schuldigen begonnen.

Im Rest Europas hat der Rücktritt Ulrike Lunaceks kaum Aufsehen erregt. Dafür waren die Reaktionen in der „Kulturnation Österreich“ umso exzessiver. Die feinsten Blätter widmeten der Kulturstaatssekretärin opulente Textstrecken. Da es ein gutes Land ist, das sich immer seinen Teil denkt, wogen einige Leitartikler den Anteil der Krokodilstränen für das zuvor meist gescholtene Kurzzeit-Regierungsmitglied gerecht mit diversen Schuldfragen ab. Warum also ging die Grünen-Politikerin ab, zwei Stunden bevor Parteichef Werner Kogler & Co. am Freitag Erleichterungen für ausgewählte Kulturbetriebe verkündeten? Kein Wort bis Samstag zum Rücktritt bei gruene.at, weder auf der Startseite, noch unter „Partei“ oder „Transparenz“. Bei den Terminen stand: AMS Frühstück am 15. Mai in Meidling abgesagt, Radrettung in Liesing am 16. Mai abgesagt. War wohl nichts. Wenden wir uns also den Printmedien zu.

Abschuss. Viele Kommentatoren, vom Boulevard aufwärts, meinten, Grün an sich sei mitschuldig. In der „Kronen Zeitung“ schrieb Klaus Herrmann, Lunacek sei zum Abschuss freigegeben gewesen: „Davongejagt von Geistesbrüdern und -schwestern, manche aus der eigenen Partei, andere Grün-Sympathisanten.“ Diese „na ja, viele nennen sie abwertend ,Gutmenschen'“ seien mit „rigider Wortwahl, höchst untergriffiger Kritik, sehr persönlichen Angriffen und Verletzungen“ gegen ihre Parteifreundin vorgegangen. Die Schadensanalyse drückte Petra Stuiber im „Standard“ weniger blumig, wohl aber dramatisch aus: „Lunacek ist nicht allein gescheitert. Da haben ein paar ihrer grünen Freunde kräftig mitgeholfen.“ Eine von Koglers wichtigsten Aufgaben wäre es gewesen, „mit Lunacek systematisch Österreichs Kulturschaffende zu treffen und zu informieren, wohin die Reise gehen soll.“ Das habe man sicherspart. Nun sei „der Imageschaden bei Kunst- und Kulturinteressierten immens“.

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