Der virtuelle Salon quillt seit Corona über vor kunsthistorischen Selbstdarstellungen. Tausende Menschen weltweit inszenieren sich plötzlich als Vermeers „Mädchen mit Perlenohrgehänge“, als Medusa oder in Manets „Frühstück im Grünen“.
Eine junge Frau steht vor dem Fenster, wendet sich um, den traurigen Blick auf uns gerichtet, ein blaues Handtuch um den Kopf geschlungen, ein grünes Ikea-Tischset wie ein Umhang auf der Schulter liegend. Mit einer Hand hält sie sich eine weiße Knoblauchknolle ans Ohr. Ein anscheinend skurriles Selfie, das sonst wohl untergegangen wäre im ewig fließenden Instagram-Hades.
»Die Amsterdamer Initiative „Tussen Kunst & Quarantaine“ löste den globalen Trend aus.«
Aber es war nicht irgendein Tag, an dem es gepostet wurde. Es war der 14. März, rund um den Europa heruntergefahren wurde und die Museen schlossen. Innerhalb von Stunden ging das Foto, das die beiden Amsterdamerinnen Anneloes Offcier und Floor de Weger aus ihrem Homeoffice sendeten, viral – wie man früher noch unbeschwert gesagt hätte. Ihre ironisch-sentimentale Nachstellung von Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ löste einen internationalen Trend aus. Mit nur drei Gegenständen, die man zu Haus hat, so lautete die Vorgabe, solle man ein Kunstwerk nachstellen und auf der von ihnen gestartete Instagram-Seite „Tussen Kunst & Quarantaine“ (Zwischen Kunst und Quarantäne) teilen.