Gedankenlese

Korrupt, erstarrt und gespalten: Der „gescheiterte Staat“ Amerika

Bekannte US-Publizisten schreien Alarm: Die Demokratie sei in Gefahr und Washingtons globale Strategie überholt.

Seit den frühen 1990er-Jahren hantieren Politikwissenschaftler mit dem Begriff „failed states“, gescheiterte Staaten. Lokalisiert wurden die zerbröselnden Staatsgebilde vor allem in der Dritten Welt, in Staaten wie Somalia, Kongo oder Afghanistan, in denen Regierung und Verwaltung die grundlegenden Funktionen nicht mehr ausüben konnten und nichtstaatliche Akteure wie Warlords, Mafia-Clans oder Extremistengruppen lokale Herrschaftsbereiche kontrollierten. So weit ist es in den USA noch nicht. Dennoch hält George Packer, einer der prominentesten US-Publizisten, sein Heimatland für einen gescheiterten Staat. In zwei Aufsätzen für das Monatsmagazin „The Atlantic“ („The President ist winning his war on American Institutions“ in der April-Ausgabe; „We are living in a failed state“ im Juni-Heft) zeichnet er das düstere Bild eines chronisch kranken Amerika mit „einer korrupten politischen Klasse, erstarrten Bürokratie, herzlosen Wirtschaft und einer gespaltenen, abgelenkten Bevölkerung“.

Im Kampf gegen Covid-19 seien die USA gescheitert – trotz zahlloser Beispiele für Mut und Opferbereitschaft überall im Land. Das reichste Land sei „zur Bettlernation im heillosen Chaos“ mutiert. Denn: „Donald Trump betrachtete die Krise nahezu ausschließlich aus persönlicher und politischer Perspektive.“ Trump, schreibt Packer, habe den Staatsapparat mit seinen ständigen Attacken ausgehöhlt und seine Moral geschwächt. Vom Amtsantritt an begegnete er den zwei Millionen zivilen Beamten mit krankhaftem Misstrauen, verdächtigte sie als verräterische Mitglieder eines „tiefen Staates“, die gegen ihn arbeiteten. Packer weist an den Beispielen der Bundespolizei (FBI), des Justiz- und des Außenministeriums ein regelrechtes Zerstörungswerk nach, das Trump in diesen wichtigen Staatsapparaten angerichtet hat.

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