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Showdown zwischen USA und China bei WHO-Tagung in Genf

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Die USA wollen Blockade Chinas brechen und eine Teilnahme Taiwans bei der virtuellen Jahresversammlung der Weltgesundheitsorganisation durchsetzen.

Mitten in der Corona-Pandemie ist bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein geopolitischer Streit entbrannt. Es geht um die Frage, ob Taiwan bei der Jahresversammlung der Organisation ab Montag als Beobachter teilnehmen darf. Zum Auftakt einer virtuellen WHO-Jahrestagung am Montag wollen die USA die Teilnahme Taiwans gegen den Widerstand Chinas durchsetzen.

China betrachtet die Insel als abtrünnige Provinz und blockiert den Beobachterstatus Taiwans seit drei Jahren. Bisher haben die anderen Mitgliedsländer das hingenommen, aber heuer haben die USA Verbündete zusammengetrommelt, um die Teilnahme Taiwans durchzusetzen. Entsprechende Resolutionen dürften Initiativen zur Bewältigung der Coronakrise zum Auftakt der WHO-Tagung verdrängen.

Dahinter steht ein Machtkampf um Einfluss zwischen den USA und China. US-Präsident Donald Trump wirft der WHO vor, unter dem Einfluss Chinas zu stehen. Er hat die US-Beiträge an die WHO zunächst eingefroren und droht mit einer deutlichen Kürzung. Er kündigte an, nur ein Zehntel des US-Betrags an die WHO-Zentrale in Genf zu überweisen.

Spielball der Mächte

High Noon am Genfersee: Um Punkt 12.00 Uhr startet am Montag die Jahresversammlung der 194 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dabei wird die UN-Organisation zum Spielball der Mächte USA und China - und könnte das größte Opfer in einer Welt sein, in der die US-Unterstützung für die Vereinten Nationen immer schneller schwinde und China immer mächtiger werde, meinte das "Wall Street Journal“.

Steckt die WHO in der Krise? "Diese Situation ist eher beispielhaft für eine größere Sinnkrise, in der die Organisation auslotet, welche Rolle sie in diesem geopolitischen Umfeld spielt", meint Gesundheitsexperte Jeremy Youde von der Universität Minnesota Duluth, der sich seit 15 Jahren mit der WHO beschäftigt.

Mehr als ein Dutzend Länder unterstützen den Ruf der USA nach Einladung Taiwans, darunter Deutschland, wie ein Regierungssprecher in Berlin betonte. Auf Pekings Seite stehen die meisten Staaten Afrikas, wo China in den vergangenen Jahren massiv investiert hat.

China ist UNO-Mitglied, Taiwan, das seit 1949 eine eigene Regierung hat, nicht. China hat Taiwan in der WHO aber jahrelang als Beobachter geduldet. Nach einem Regierungswechsel auf der Insel blockt China seit 2017. "Die Regierung Taiwans hat die Ein-China-Politik aufgegeben und damit die Basis einer weiteren Teilnahme an der WHO zerstört", sagt der chinesische Botschafter in Genf, Chen Xu. Die WHO bezieht Taiwan in technische Expertenteams zwar immer ein, das Land fürchtet aber, Wichtiges zu verpassen, wenn es nicht teilnehmen darf.

Trumps Ablenkungsmanöver

Bei den US-Interessen geht es allerdings kaum um Taiwan und seine Politik. Vielmehr nutzt US-Präsident Donald Trump den Streit als Gelegenheit, von seinen eigenen Fehlern in der Corona-Krise abzulenken. Während die USA schon mehr Infektionen und Corona-Tote als jedes andere Land der Welt haben, geht Trump zum Angriff über und bedient gleich zwei Feindbilder: den Wirtschaftskonkurrenten China und die Vereinten Nationen in Form der WHO.

China trage Verantwortung, weil es das neue Virus erst vertuscht habe, und die WHO sei wie eine "PR-Agentur für China", sagt er. "Eine der gefährlichsten und kostspieligsten Entscheidungen der WHO war die katastrophale Entscheidung, sich gegen Reisebeschränkungen aus China und anderen Ländern auszusprechen", sagte Trump. Die WHO hätte schneller einschreiten müssen. "Das hätte Tausende Leben gerettet und weltweiten wirtschaftlichen Schaden verhindert", behauptete er.

Dass die dringenden Appelle der WHO schon im Jänner, Vorkehrungen gegen das Virus zu treffen, von vielen Ländern - auch den USA - ignoriert wurden: Trump lässt es außer Acht. Dass Grenzschließungen eine Ausbreitung nach Studien nur verzögern, aber nicht verhindern können, auch. Stattdessen fror Trump die US-Beiträge an die WHO im April ein und lässt jetzt "die Rolle der WHO in der verheerenden Handhabe und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus" prüfen.

Forderung nach Untersuchungskommission

Im Windschatten der USA begehren allerdings jetzt auch andere Länder auf. So fordern etwa Japan, Australien und andere eine unabhängige Untersuchung über den Ursprung der Pandemie, die China bisher verweigert. Auch die EU: Das sei nötig, um zu lernen, damit sich die Welt vor künftigen Pandemien besser schützen könne, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in der "FAZ".

Warum stemmt China sich gegen eine Untersuchung? "Der Grund dafür dürfte sein, dass die Aufdeckung der wirklichen Vorgänge sich negativ bis verheerend auf die Legitimität der herrschenden Eliten auswirken könnte", schreibt Junhua Zhang vom European Institute for Asian Studies (Eias) in Brüssel in der "NZZ". Wenn China sich sicher sei, in Wuhan, wo das Virus zuerst auftauchte, nichts falsch gemacht zu haben, sollte es einer Untersuchung doch gelassen entgegen sehen.

(DPA)

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