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Anschober: "Gesundheit ist der schlechteste Ort für Experimente"

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)(c) Roland Schlager, APA
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„Das Coronavirus, eh schon gemeistert“: Der Gesundheitsminister und der Beraterstab der Corona-Taskforce weisen derartige Aussagen zurück. Das Virus warte vielmehr darauf, „dass wir einen Fehler machen“.

Vor zwei Monaten wurden die strengen türkis-grünen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus rechtskräftig - für Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ein Grund, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Allen voran auch deswegen, weil er immer wieder Stimmen höre, denen die schrittweisen Lockerungen hin zu einer „neuen Normalität“ zu langsam gingen. „Das Coronavirus, eh schon gemeistert“, man solle doch „Mut haben, das Experiment zu wagen und vollständig zu öffnen“, werde ihm ausgerichtet, meinte der Ressortchef am Montag.

Allerdings: „Die Gesundheit ist der schlechteste Ort für Experimente“, betonte Anschober. Das sei nicht nur seine Auffassung, sondern auch jene der insgesamt 18 (ehrenamtlich tätigen) Berater der sogenannten „Corona-Taskforce“. Seit dem 28. Februar komme man ein bis zweimal pro Woche zusammen und diskutiere ein spezielles Thema, schilderte Anschober. Und dabei sei man oft von „einer einhelligen Meinung“ entfernt. In einem Punkt habe man aber „eine sehr einheitliche Meinung“ - und zwar in puncto „grundsätzlicher Herangehensweise“.

Und diese laute: Die Ausgangsbeschränkungen, das Reduzieren der sozialen Kontakte, das Tragen von Schutzmasken, die Schließung von Geschäften und Schulen, seien richtig gewesen. Das sehe auch das Max-Planck-Institut so, das die Wirksamkeit der deutschen Maßnahmen durchgerechnet habe, die sehr ähnlich zu jenen in Österreich ausgefallen sind. Dessen Fazit: Die raschen Schritte waren wichtig, ebenso die Öffnung in Zwei-Wochen-Intervallen. Man werde das auch für Österreich berechnen lassen, sagte Anschober und kündigte zudem eine großangelegte Evaluierung im Juni an, um weitere Lockerungen durchführen zu können.

„Können uns die Mär der Herdenimmunität abschminken“

Herwig Kollaritsch, Epidemiologe, Infektiologe und Mitglied der Corona-Taskforce, warnte seinerseits vor zu viel Tempo: „So lange wir nicht frei von Fällen sind, sind wir nicht aus dem Schneider, und auch dann sind wir es nicht, denn Österreich sei keine Insel“, verwies er auf die acht Nachbarländer sowie den Tourismus. Das Virus habe „uns gezeigt, was es kann“ und nun warte es darauf, „dass wir einen Fehler machen“, warnte er vor Leichtsinn. Jeder, der meine, „dass es plötzlich harmlos geworden ist, ist grob am Holzweg“.

Tatsache sei: Man habe die Verbreitung des Virus dadurch reduzierten können, dass man ihm seine Übertragungsgrundlage entzogen habe: „So halten wir es jetzt sozusagen in Schach“, was eine „unglaublich fragile Situation“ sei. Tatsache sei außerdem: „Wir können uns die Mär der Herdenimmunität abschminken“, denn dafür sei eine deutlich höhere Durchseuchung nötig, sagte Kollaritsch.

Kommt die zweite Welle? Nur dann, wenn es nicht gelinge, das Gleichgewicht zwischen Neuinfektionen und Genesenen zu halten, gab sich Kollaritsch vage. Und appellierte abschließend, das Tragen von Schutzmasken ernst zu nehmen, denn: „Wir sind weiterhin in einer Pandemie, auch wenn wir nicht mehr viel davon merken.“ 

Das Gebot der Stunde sei Eigenverantwortung, betonte auch Christiane Druml, Bioethikerin und Leiterin des Josephinums. Zugleich müsse man sich bemühen, die Alten und Hochbetagten wieder in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. Und: Die Frauen zu entlasten.

Aktuelle Zahlen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gab am Montag die neuesten Zahlen bekannt: In Summe gebe es bisher 16.179 positiv auf den Erreger Sars-CoV-2 Geteste, das sei ein Plus von 0,17 Prozent von gestern auf heute. In absoluten Zahlen gibt es 27 Neuinfektionen und 51  Neugenesene.

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