Nachruf

Groß in der Liebe wie im Exzess: Schauspieler Michel Piccoli ist tot

Buschige Augenbrauen, schwere Männlichkeit: Michel Piccoli in ´Herzklopfen´ (´La Chamade´), 1968
Buschige Augenbrauen, schwere Männlichkeit: Michel Piccoli in ´Herzklopfen´ (´La Chamade´), 1968(c) Sygma via Getty Images (Alain Dejean)
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Er zählte zu den Schwerstgewichten des französischen Kinos, glänzteals sich totfressender Bourgeois ebenso wie als schwieriger Liebender und zuletzt sogar als Papst.

Er hatte etwas von einem großen Herrn und war doch zu jedem Tabubruch auf der Leinwand bereit. Er war ein Meister darin, mit kleinsten mimischen Nuancen Seelendramen zu erzählen, zugleich scheute er nicht zurück vor dem grellsten Exzess. Er verkörperte männliche bürgerliche, liederliche Dekadenz, ebenso wie schwere, charakterstarke, oft intellektuelle Männlichkeit – in komplizierten Liebesdramen an der Seite von Brigitte Bardot, Jeanne Moreau, Catherine Deneuve oder Romy Schneider. Er gehörte zu den Schwergewichten des französischen Films, zu einer Zeit, als dieser der Welt nicht nur künstlerisch, sondern auch intellektuell Maßstäbe setzte. Und doch hat es beinahe eine Woche gedauert, bis die Welt vom Tod Michel Piccolis erfuhr. Am 12. Mai ist er mit 94 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben.

Ins Künstlerische wurde er 1925 in Paris schon hineingeboren, sein Vater war ein italienischstämmiger Geiger, seine Mutter eine französische Pianistin. Mit 18 war Piccoli entschlossen, Schauspieler zu werden. Die Kriegsjahre verzögerten seine Anfänge, machten ihn aber zum leidenschaftlichen, lange Jahre die kommunistische Partei unterstützenden Linken. Gesellschaftlich desinteressiertes Schauspielen war für ihn ein Widerspruch in sich: „Wenn man die Fragen, die Zweifel und die Leiden der Gesellschaft nicht zu den seinen macht, braucht man nicht Schauspieler zu sein“, sagte er einmal.

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