Streit um Corona-Cluster

Sozialpartner kritisieren "Unwahrheiten" über Leiharbeiter

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Zeitarbeiter seien arbeits- und sozialrechtlich größtenteils dem Eigenpersonal gleichgestellt, beteuern Arbeitgeber und Gewerkschaft.

Die offenbar durch Leiharbeiter ausgelösten Corona-Cluster in Verteilungszentren der Österreichischen Post in Niederösterreich und Wien hat die Zeitarbeitsbranche in den Fokus gerückt. Die Sozialpartner kritisierten am Dienstag "unrichtige Informationen und Unwahrheiten über die Arbeitskräfteüberlassung".

"Damit werden eine ganze Branche und ihre ArbeitnehmerInnen in einem negativen Licht dargestellt", so Arbeitgebervertreter Erich Pichorner, Bundesvorsitzender der Personaldienstleister im Fachverband der gewerblichen Dienstleister, und Thomas Grammelhofer, Bundesbranchensekretär Arbeitskräfteüberlassung in der Gewerkschaft PRO-GE, in einer gemeinsamen Aussendung. Beide Sozialpartnervertreter forderten, dass die Zeitarbeitsbranche nicht in ein politisches Hick-Hack hineingezogen werde.

"Es stimmt schlicht und einfach nicht, dass überlassene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der öffentlichen Diskussion nach wie vor despektierlich als "Leiharbeiter" bezeichnet werden, kein Krankengeld erhalten oder als 'neue Selbständige' beschäftigt werden", sagte Arbeitgebervertreter Pichorner. Zeitarbeitnehmer seien in allen wesentlichen, arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten, wie Arbeitszeit, Urlaub, Entgelt, Krankengeld den Stammarbeitskräften gleichgestellt.

Hacker: „Krankenstand" unbekannt

In den vergangenen Tagen hatte sich im Hinblick auf die Corona-Bekämpfung zwischen der Stadt Wien und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ein politischer Schlagabtausch entwickelt. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker hatte etwa in einem Interview mit Ö1 gesagt, dass es sich in den Verteilzentren um eine Arbeitswelt handle, „wo Leute das Wort 'Krankenstand' nicht kennen“ würden und Leiharbeiter aus Angst vor Verdienstausfall auch krank weiterarbeiten würden. Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) versuchte sich nun als Streitschlichter.

Post-Generaldirektor Georg Pölzl hatte am Montag darauf hingewiesen, dass Leiharbeiter teurer als eigenes Personal seien. Der Einsatz sei demnach kein Kostengrund, sondern entspreche den "Realitäten unserer Arbeitswelt". Er stehe auch dazu, Asylberechtigte zu beschäftigen, so der Postchef. Hagenbrunn sei vor einem halben Jahr geöffnet worden und habe demnach einen hohen Anteil an Leiharbeitern von "50 Prozent und darüber". Stammpersonal entwickle sich erst.

Gewerkschaft fordert mehr Eigenpersonal

Wegen der Häufung von Coronavirus-Infektionen bei Mitarbeitern im Logistikzentrum der Post in Hagenbrunn (Bezirk Korneuburg) ist seit Sonntag das Bundesheer mit rund 400 Bediensteten im Einsatz. "Die Situation ist alles andere als erfreulich und wir müssen die Lehren daraus ziehen. Das heißt für uns, dass wir unsere Forderung der letzten Jahre nach mehr Eigenpersonal anstelle Leiharbeiter weiterhin intensiv verfolgen werden", sagte der Chef der Gewerkschaft der Post-und Fernmeldebediensteten (GPF), Helmut Köstinger. Das Bundesheer könne "die schlimmste Zeit sicherlich überbrücken", aber ohne Verzögerungen bei Paketen werde es "sicherlich nicht gehen".

Bundesheer auch in Inzersdorf tätig

Ab Donnerstag wird das Bundesheer auch im Postzentrum Wien-Inzersdorf Dienst versehen. 250 Grundwehrdiener, Berufssoldaten und Zivildiener werden für zwei Wochen den gesamten Betrieb übernehmen, sagte Bundesheer-Sprecher Michael Bauer am Dienstag.

Der Einsatz beginnt am Donnerstag um 6.00 Uhr. Zuerst werden Einheiten der ABC-Abwehr das rund 12.000 Quadratmeter große Areal desinfizieren. Ab 14.00 Uhr folgt dann der eigentliche umfassende Arbeitseinsatz im Schichtbetrieb. "Die gesamte Post-Belegschaft des Zentrums ist in Quarantäne", sagte Bauer. Der von der Post finanzierte Einsatz ist für zwei Wochen - die Dauer der Quarantäne - geplant. Untergebracht werden die Soldaten und Zivildiener in Gebäuden des Bundesheeres.

(APA)

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