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Praterstraße oder: Papst ist, wer vier Räder hat

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Sind die Radfahrer schuld? Über enge Gehsteige, einen Pop-up-Radweg – und Leserreaktionen.

Wie viel Abstand muss sein? Meine vorwöchigen Hinweise auf die gegenwärtig erste Bürgerpflicht, die nämlich, dem Nächsten ja nicht nah zu kommen, und die Schwierigkeit, ihr in der Enge Wiener Gehsteige zu genügen, zogen einige enragierte Reaktionen nach sich, die sich auf die Kurzformel „Die Radfahrer sind schuld“ bringen ließen: Ohnehin schmale Gehsteige würden häufig durch Radwege noch weiter eingeengt.

Kein Zweifel: Wer sich halbwegs wacher Sinne durch Wiens Straßen bewegt, dem werden sie nicht entgangen sein – die oft an abenteuerlichen Stellen auf Trottoire gepinselten Linien, die mehr schlecht als recht zur Kennzeichnung solcher Gehsteigradwege herhalten müssen. Die Folge: Konflikte sonder Zahl. Und während sich Radler und Fußgänger quasi magistratisch vorbestimmt in die Haare kriegen, fährt ein dritter Kombattant des Individualverkehrs vorbei, denkt sich sein Teil, und lässt die andern streiten. Denn er, der Automobilist, er hat ja mit der Sache nichts zu tun, oder?

Tatsache ist, dass die Aufteilung hiesiger Verkehrsflächen ein nachgerade päpstliches Primat kennt: Erst kommt das Automobil, dann kommen alle anderen, die sich in der Folge um die paar Flächenreste balgen dürfen. Was geschieht, wenn sich jemand untersteht, an diesem Primat zu rütteln, wurde kürzlich wieder offenbar, als sich das städtische Verkehrsressort unterwand, einen Fahrstreifen der Praterstraße temporär dem Radverkehr zu überlassen. Gleichviel wie gelungen oder im Detail auch nicht gelungen die Idee umgesetzt worden sein mag: Mit solchen Petitessen hielten sich Kritiker erst gar nicht auf. Insbesondere der ARBÖ tat sich mit Vorhalten wie „Realitätsverweigerung“ und „Planlosigkeit“ als strikter Autolobbyist hervor. Nun ja, die Zeiten, da sich ARBÖ als Arbeiter-Radfahrer-Bund Österreichs buchstabiert hat, sind halt auch schon länger vorbei . . .

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

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