Der Vizekanzler betont die besondere Situation in Wien, Wirtschaftsministerin Schramböck stärkt indes dem Innenminister den Rücken: Nehammer habe „den Finger auf die richtige Wunde gelegt".
Die Kritik der ÖVP am Corona-Containment in Wien werden vom grünen Koalitionspartner nicht geteilt. Vizekanzler Werner Kogler meinte im Pressefoyer nach dem Ministerrat: "Ich sehe da jetzt keine Besonderheiten oder schlimme Dinge.“ Außerdem betonte Kogler, dass Wien als Ballungsraum von vornherein vor anderen Herausforderungen stehe, als andere Bundesländer. Aus dem Gesundheitsministerium wisse er, dass man dort davon ausgehe, dass in allen Ländern die bestmögliche Variante des Containment verfolgt werde.
Ganz anders positionierte sich Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, die im Pressefoyer direkt neben Kogler stand. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) habe "sicher den Finger auf die richtige Wunde gelegt". Das Containment der Coronainfektionen sei für die Wirtschaft absolut wichtig, und sie sehe nicht ein, dass diese und die damit verbundenen Arbeitsplätze gefährdet würden. "Wir können uns einen zweiten Lockdown nicht leisten. Das trifft auf alle Bundesländer zu. Auf Wien ganz besonders", meinte die Wirtschaftsministerin.
Auffällig zurückhaltend blieb Finanzminister Gernot Blümel, als Wiener ÖVP-Chef direkt in den Urnengang in der Bundeshauptstadt im Herbst involviert. Man müsse gemeinsam daran arbeiten, die Ausbreitung des Virus zu verhindern, meinte er nur.
Rendi-Wagner: „Ist abzulehnen, was die ÖVP hier macht"
Abseits des Ministerrats meldete sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zu Wort. "Es ist grundsätzlich abzulehnen, was die ÖVP hier macht", sagte sie bei einer Pressekonferenz auf Journalistennachfrage. Hier mache die Volkspartei "Stimmenfang auf Wiener Ebene, auf Kosten der Gesundheit". "Das ist zutiefst beschämend und inakzeptabel."
Rendi Wagner lobte die Arbeit des Gesundheitsministerium und der Stadt Wien in der Coronakrise. "Was den inhaltlichen Teil des Schlagabtausches betrifft, bin ich aufseiten des Gesundheitsministeriums". Es gebe "eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadt Wien".
Kritik übte die SPÖ-Chefin an der inhaltlichen Einmischung des Innenministers. "Ich sehe, was die Infektionskontrolle betrifft, keine fachliche Zuständigkeit beim Innenminister. Die ist ausschließlich beim Gesundheitsministerium." Nehammer hatte Menschen, die sich nicht an die Corona-Regeln halten, in der Vergangenheit als "Lebensgefährder" bezeichnet. "Der Innenminister muss aufpassen, nicht mehr ernst genommen zu werden", sagte Rendi-Wagner im Hinblick auf den Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Kleinwalsertal Mitte Mai. Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Kurz hätten sich damals nicht an die Abstandregeln gehalten, kritisierte die SPÖ-Chefin.
(APA)