Militär

US-Flugzeugträger Roosevelt nach Corona-Quarantäne wieder im Einsatz

Das Schiff saß fast zwei Monate vor Guam im Westpazifik fest. Der Virenausbruch an Bord löste einen Skandal aus, der dem Captain und dem US-Marineminister den Kopf kostete. China nutzte die militärische Schwäche der USA im Westpazifik aus.

Nach fast zwei Monaten ist eine der größeren Krisen des US-Militärs in Friedenszeiten weitgehend beendet: Der nuklear betriebene Flugzeugträger USS „Theodore Roosevelt" hat am Donnerstag den Hafen der Insel Guam im Westpazifik verlassen, nachdem er und seine rund 5000 Mann starke Besatzung dort seit Ende März wegen eines Ausbruchs des Coronavirus interniert waren. Das riesige Schiff mit seinen mehr als 80 Flugzeugen und Hubschraubern werde in der Philippinensee Übungen mit den Flugzeugen abhalten, hieß es seitens der U.S. Navy.  

„Fühlt sich groartig an, wieder auf See zu sein", sagte Konteradmiral Stuart Baker, Kommandeur der Carrier Strike Group 9, der Kampfgruppe mit Kreuzern, Zerstörern, mindestens einem U-Boot und Versorgungsschiffen, dessen Kern die Roosevelt bildet.

Der Träger war in der letzten Märzwoche nach einem Besuch in Vietnam wegen erster Coronafälle an Bord nach Guam gefahren. Dort hatten die Behörden des US-Außengebietes tagelang die Anlandung der Besatzung verweigert, worauf der Captain der Roosevelt, Brett Crozier, ein unverschlüsseltes E-mail an zahlreiche hohe Offiziere und andere Personen schickte, in dem er um Intervention bat, seine Leute doch an Land in Quarantäne schicken zu dürfen - denn an Bord, wo „Social Distancing" praktisch unmöglich sei, drohe sonst eine tödliche Virenwelle.

via REUTERS

Die Umstände dieses Mails sind bis heute umstritten, zumal Crozier es auch an Personen schickte, die nicht in der Befehlskette standen. Jedenfalls wurde es sehr schnell US-Medien bekannt, die den Hilferuf veröffentlichten. Das löste ein Erdbeben in der Marineführung aus, die sich dadurch bloßgestellt fühlte und die Evakuierung vorerst ablehnte. In den ersten Apriltagen wurde dann aber doch einem Plan zugestimmt, die Crew in Schichten an Land zu lassen und in Hotels zu isolieren.

Beben in der Marineführung

Allerdings setzte Marineminister Thomas Modley Captian Crozier kurz danach ab. Begründung: Missachtung der Befehlskette, Benutzung unsicherer Kommunikationskanäle, Verunsicherung der Besatzung und deren Verwandter, Setzung eines schlechten Beispiels von Führung gegenüber potenziellen Gegnern, zumindest fahrlässige Beihilfe zur Publikation eines Navy-internen Schreibens.

Im Übrigen sei die Navy bereits dabei gewesen, die Evakuierung vorzubereiten, nur habe es eben einige Tage dafür gebraucht, vor allem, um Hotels auf Guam zu requirieren und in Isolierstationen umzubauen.

Doch auch Modley (*1960) fiel der Affäre schnell zum Opfer: Er musste wenige Tage nach Crozier auf Druck des Verteidigungsministeriums zurücktreten, nachdem er in einer unabgesprochenen und sündteuren Aktion nach Guam geflogen war und dort bei einer Ansprache an die Besatzung der Roosevelt flapsige bis abfällige Bemerkungen über Crozier (50) gemacht hatte, die einigermaßen auf Empörung stießen.

Rund 1150 Infizierte, ein Todesopfer

Insgesamt wurden etwa 1150 Besatzungsmitglieder positiv auf Corona getestet, darunter ihr Ex-Captain. Einige wenige erkrankten schwer, ein 41-jähriger Unteroffizier starb.

Laut U.S. Navy ist die Roosevelt aktuell mit einer verringerten Besatzung unterwegs, um das Abstandhalten an Bord etwas zu erleichtern. Auf Guam sind immer noch etwa 1800 Crewmitglieder in Quarantäne. Der jetzige Captain ist Carlos Sardiello, er hat das Schiff bereits früher kommandiert und steht kurz vor der Beföderung zum Konteradmiral.

Die Roosevelt hatte ihren Einsatz Mitte Jänner in San Diego (Kalifornien) begonnen. Ihre Dienstverhinderung hatte in den vergangenen Wochen Konsequenzen für die strategische und militärpolitische Lage im Westpazifik, zumal zeitgleich der Flugzeugträger „Ronald Reagan", der vor Japan lag, ebenfalls unter Quarantäne gestellt worden war. Damit waren alle beiden Träger, die die USA aktuell im Pazifik vor allem mit Blick auf China und Nordkorea im Einsatz hatten, ausgeschaltet. Und dem nicht genug: Die USS „Nimitz", die in Bremerton (US-Staat Washington) vor Anker lag und im April hätte Richtung Westpazifik fahren sollen, musste ebenfalls wegen Verdachtsfällen an Bord zurückgehalten werden.

Chinas offensive Operationen

Tatsächlich nutzte China diese Zeit zu ungewöhnlich intensiven Vorstößen mit Schiffen und Flugzeugen in die Nähe japanischer und taiwanesischer Gewässer aus. China baute neue Stützpunkte auf entfernten Riffen und Sandbänken im Südchinesischen Meer, ein Vermessungsschiff drang dort in Zonen ein, die auch Malaysia, Brunei und Vietnam beanspruchen, bei einem Scharmützel wurde ein vietnamesischer Fischkutter versenkt.

Reuters

Die Nimitz ist unterdessen Anfang Mai in den Pazfik ausgelaufen und auch auf der Ronald Reagan herrscht wieder Normalbetrieb. Berichten von Ende April zufolge waren mindestens 26 Schiffe der etwa 300 aktiven großen Kriegsschiffe der U.S. Navy wegen Corona zeitweise außer Gefecht, darunter auch Zerstörer und amphibische Angriffsschiffe. Weitere 14 meldeten Fälle, allerdings nur bei Personal, das an Land war.

Von Corona bekanntermaßen außer Gefecht gesetzt wurden auch mehrere Kriegsschiffe anderer Länder, vor allem der französische Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ sowie je ein U-Boot der Russen und Niederländer.

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