Die Regierung missachte das Parlament, sagen SPÖ, FPÖ und Neos. Hintergrund: Finanzminister Blümel legte Zahlen vor, die vor der Coronakrise erstellt worden waren, und lehnt ab, sie zu aktualisieren.
Die Oppositionsparteien, SPÖ, FPÖ und Neos, haben am Freitag gemeinsam gegen den im Nationalrat bevorstehenden Budgetbeschluss protestiert und der türkis-grünen Regierung eine grobe Missachtung des Parlaments vorgeworfen. Stein des Anstoßes ist die Tatsache, dass Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dem Parlament Budgetzahlen vorgelegt hat, die vor der Coronakrise erstellt wurden.
Blümel lehnt es ab, die Budgetzahlen zu aktualisieren, weil auch diese am Ende des Tages falsch sein würden, wie er argumentiert. Sehr wohl hat er aber Ende April der EU-Kommission aktuelle Zahlen vorgelegt - und das stößt der Opposition sauer auf, wie die drei Budgetsprecher Jan Krainer (SPÖ), Hubert Fuchs (FPÖ) und Karin Doppelbauer (Neos) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag erklärten.
SPÖ prüft Verfassungsmäßigkeit
Am Dienstag startet die Budgetwoche im Plenum und "wir diskutieren das Fake-Budget, das Altpapier des Finanzministers". Das Parlament solle ein Budget beschließen, von dem es jetzt schon weiß, dass es um 50 Milliarden Euro abweichen werde - und das bei einem Budget von insgesamt 80 Milliarden Euro, sagte Krainer. Das sei nicht nur gegenüber dem Parlament, sondern auch den Wählern gegenüber eine "Respektlosigkeit". Die SPÖ hält den bevorstehenden Budgetbeschluss überhaupt für rechts- und verfassungswidrig und lässt das von externen Experten prüfen. Sollte sich das bestätigen, werde man entsprechende Schritte setzen, kündigte Krainer an.
Blümel sei "nicht in der Lage etwas zu machen, was alle anderen Minister vor ihm geschafft haben: ein Budget vorzulegen", empörte sich auch Fuchs und sprach wörtlich von einem "Mistkübel-Budget". Er bezog sich dabei auf die Aussagen Blümels, der gemeint hatte, er habe nach Ausbruch der Coronakrise sein Budget, das zu dieser Zeit dem Parlament hätte vorgestellt werden sollen, „in den Mistkübel“ geschmissen. Die Argumente des Ministers, dass auch die aktuellen Zahlen am Ende falsch sein würden, weil die Kosten der Krise noch nicht zur Gänze abschätzbar seien, lässt die Opposition nicht gelten. "Jedes aktualisierte Budget ist richtiger und besser als eines, das vor Corona erstellt wurde", so Fuchs. Niemand würde es dem Minister vorwerfen, wenn es am Ende des Tages Abweichungen gebe. Aber: Einfach das Budget beim Alten zu belassen und sich nicht die Mühe zu machen, es zu aktualisieren, sei "ein Ausdruck großer Respektlosigkeit und Missachtung des Hohen Hauses. Das ist traurig", so Fuchs, der auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) in die Pflicht nahm.
Sobotka müsse handeln und der Regierung einen offenen Brief schreiben, pflichtete ihm Doppelbauer bei. Auch der Streit zwischen Regierung und Opposition um die Einsetzung eines Covid-19-Unterausschusses, der alle budgetrelevanten Maßnahmen in Zusammenhang mit der Epidemie detailliert prüfen soll, zeige die Missachtung - vor allem die der ÖVP - gegenüber dem Parlament. Die Regierung wolle 28 Milliarden Euro ohne parlamentarische Kontrolle am Hohen Haus "vorbeischwindeln". Ein solcher Unterausschuss "ist die Essenz der parlamentarischen Kontrolle". "Der jungen Gruppe um (Bundeskanzler Sebastian, Anm.) Kurz herum ist das Parlament aber egal. Sie halten nichts vom parlamentarischen Diskurs", so Doppelbauer. "Schwarz-Grün ist ein Garant für Intransparenz", ergänzte Fuchs.
Blümel: „Jede Zahl wird falsch sein“
Blümel wies die Kritik an seinem Vorgehen am Freitag zurück. "Die allermeisten Zahlen im Budget sind nach wie vor korrekt", sagte er. Aber wegen der Schwierigkeit, in der Coronakrise die Wirtschaftsentwicklung zu prognostizieren, könne man keine genaue Einnahmen- und Ausgabenschätzungen treffen.
Die Prognosen der Wirtschaftsforscher gingen für 2020 von einem "Minuswachstum zwischen dreieinhalb und neun Prozent" aus, so Blümel: "Welche Zahl sollte man als Grundlage für die Einnahmenschätzung nehmen? Jede wird falsch sein." Natürlich bilde sich die Coronakrise im Budget ab. "Ein Kassasturz ist erst im Herbst möglich", so der Finanzminister.
(APA)