Bergsteigen

Bis die Bahn wieder fährt: Allein auf der Schafbergspitze

(c) Clemens Fabry
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Wanderer nutzen die Gelegenheit, den markanten Berg inmitten des Salzkammerguts ungewöhnlich lang für sich zu haben.

St. Gilgen/St. Wolfgang. Die Dohlen auf dem Schafberg scheinen die Touristen zu vermissen. Keine zwei Minuten dauert es, bis sie die beiden Wanderer ausgemacht haben, die gerade bei einer Bank auf der Bergspitze angekommen sind, bis sie gesammelt angeflogen kommen und das Jausenbrot anvisieren. Kein Wunder: Üblicherweise gibt es um diese Jahreszeit deutlich mehr Besucher, von deren Jausenpaketen und Tellern ein paar Krümel für die gar nicht scheuen Alpenvögel abfallen.

Doch heuer startet wegen der Coronakrise auch am Schafberg, dem markanten Berg inmitten des Salzkammerguts, alles etwas später: Die Schafbergbahn, die normalerweise ab Anfang Mai täglich unzählige Touristen aus aller Welt von St. Wolfgang aus bis 50 Meter unter die Bergspitze bringt, nimmt ihren Betrieb dieses Jahr erst am 30. Mai auf (und fährt dann bis Oktober die Bergstation an). Dasselbe gilt für das Hotel/Restaurant auf der Bergspitze, das derzeit ebenfalls noch geschlossen ist.

Wenige Bergsteiger auf dem Gipfel

Was für die Touristiker und Bahnbetreiber zweifellos eine schwierige Situation darstellt, bietet Wanderern unterdessen die seltene Gelegenheit, die Schafbergspitze einmal ganz anders zu erleben als sonst im Mai: nämlich (abhängig vom Wochentag) so gut wie allein. Während der Saison der Schafbergbahn erfahren das sonst nur jene, die den 1782 Meter hohen Gipfel schon frühmorgens erreichen, noch vor der Ankunft der ersten Zahnradbahn.

Während es also in normalen Jahren auch wochentags geradezu wurlt von Menschen aus der Region und von anderswo, die (völlig zu Recht) die Aussicht auf zahlreiche Salzkammergutseen – Wolfgangsee, Mondsee, Attersee, Fuschlsee, Irrsee – und das Bergpanorama genießen wollen, sind an diesem Montag keine zehn Bergsteiger gleichzeitig auf der Spitze. Die meisten, die man auf dem Weg trifft, haben die Wanderung auf den Schafberg bewusst gewählt – um den viel besuchten Berg ein Mal in aller Ruhe zu erleben, ohne Touristentrubel.

In rund drei Stunden hinauf

Die rund 1200 Höhenmeter, die die Zahnradbahn von St. Wolfgang aus in 35 Minuten bis zur Bergstation hinaufklettert, müssen dafür freilich aus eigener Kraft überwunden werden: Je nach Weg dauert das rund drei Stunden (etwa von St. Wolfgang oder vom Kloster Gut Aich in Winkl/St. Gilgen). Wer den Berg und die Ruhe länger genießen will, wählt die Umrundung über den Purtschellersteig mit seinen in den Stein gehauenen Stufen, an den Schafbergseen vorbei und über die Himmelspforte (vor der allerdings noch einige kleinere Schneefelder sind) auf den Gipfel.

In wenigen Wochen, wenn die Zahnradbahn ihren Betrieb mit Ende Mai wieder aufgenommen hat, wird es mit der außergewöhnlichen Ruhe auf der Schafbergspitze nach und nach wieder vorbei sein. Manche Einheimische hoffen für die erste Zeit allerdings auf eine andere Gelegenheit: jene, die Schafbergbahn einmal ohne allzu viel Gedränge nutzen zu können, um so auf die Spitze zu kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2020)

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