Aktivistische Hackergruppen wie Anonymousmit der charakteristischen Guy-Fawkes-Maske sind längst nicht mehr die Einzigen, die sich die Macht des Internets zunutze machen. Mehr und mehr Staaten entdecken das Netz als Waffe.
Textauszug

Der unsichtbare Weltkrieg im Internet

Das Internet ist zur schärfsten Waffe im digitalen Zeitalter geworden. Nicht nur Spionage spielt sich zunehmend digital ab: Hackerangriffe können ganze Staaten lahmlegen. In seinem Buch „Der digitale Weltkrieg“ schildert der niederländische Journalist Huib Modderkolk, wie das Netz zum Schlachtfeld geworden ist, auf dem Länder einander täglich Gefechte liefern. Ein Textauszug.

René de Vries lenkt seinen marineblauen Tesla auf der A13 Richtung Rotterdam, als er die WhatsApp-Nachricht eines Kollegen erhält. Der 56-jährige Hafenmeister ist unterwegs zum World Port Center, dem Nervenzentrum des Hafens. „Beim Terminalunternehmen APM gibt es Probleme“, liest er auf dem Bildschirm. De Vries wird im ersten Moment nicht recht schlau aus der Nachricht. APM kennt er natürlich. Das Unternehmen macht vier Milliarden Dollar Gewinn pro Jahr. Auf der ersten und zweiten Maasebene (Industrie- und Hafengebiet bei Rotterdam) hat die Firma jeweils ein eigenes Terminal, in dem die größten Containerschiffe der Welt anlegen. APM lädt mit riesigen blauen Kränen die Fracht von den Schiffen auf Lastwagen um.

Kaum eine Minute später klingelt das Handy des Hafenmeisters. Ein Mitarbeiter von Mærsk, dem Eigentümer von APM, ist am Apparat. „Hier ist alles ausgefallen“, sagt der Mann. „Kameras, Kräne, Schlagbäume: Nichts geht mehr.“ Als de Vries in das Hafenparkhaus direkt hinter der Erasmusbrücke einfährt, ist er beunruhigt. Er rennt zum Lift und fährt in die 19. Etage, zum „Lageraum“ des Hafens mit Aussicht über ganz Rotterdam. Der Manager berichtet de Vries, dass keine Schiffe mehr einfahren könnten, weil beide Terminals von APM außer Betrieb seien. Vom Hafengebäude aus sind die rund 40 Kilometer entfernten Terminals kaum zu sehen. Auf den Rechnerbildschirmen erkennt man es dafür umso genauer: Im Hafen von Rotterdam ist der Schiffsverkehr zum Erliegen gekommen, im Fährhafen von Hoek van Holland sind lauter Tupfen im Wasser zu sehen – jeder Tupfen ist ein wartendes Schiff.

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