SEC bittet Goldman Sachs zur Kasse

bittet Goldman Sachs Kasse
bittet Goldman Sachs Kasse(c) AP (Charles Dharapak)
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550 Millionen Dollar ließ sich Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein die Entschädigung für dubiose Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit der Auflage des hochriskanten Hypothekenderivats "Abacus 2007-AC1" kosten.

washington. Der 15. Juli 2010 wird in die Annalen der Wall Street als jener Tag eingehen, der den Lauf der Dinge im New Yorker Finanzdistrikt verändert hat. Die Finanzbranche sieht sich mit neuen Businessregeln konfrontiert, die dem Wildwuchs des „Anything goes“ ein Ende bereiten sollen, der die internationale Finanzwelt an den Rand des Kollaps gebracht hat.

Die Banker und Broker, die „Mover“ und „Shaker“ hatten den endgültigen Beschluss der Finanzreform, den der Senat in den Mittagsstunden mit knappem Votum abgesegnet hatte, noch nicht verdaut, als sie am späten Nachmittag der nächste Schlag in die Magengrube traf. Die Börsenaufsicht SEC hat ein Exempel gegen Goldman Sachs statuiert, das in Misskredit geratene Aushängeschild der Wall Street. Die Investmentbank einigte sich mit der SEC auf einen Deal, um eine geschäftsschädigende Zivilklage aus der Welt zu schaffen.

Höchste Strafe

550 Millionen Dollar ließ sich Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein die Entschädigung für dubiose Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit der Auflage des hochriskanten Hypothekenderivats „Abacus 2007-AC1“ kosten. Es ist die höchste Strafe, die die SEC je verhängt hat. SEC-Direktor Robert Khuzami verstand die Pönale denn auch als Mahnung. Das US-Finanzministerium erhält 300 Mio. Dollar, die deutsche IKB-Bank 150 Millionen und die Royal Bank of Scotland 100 Millionen. Insgesamt dürfte ein Schaden von mehr als einer Mrd. Dollar angefallen sein.

Wie E-Mails verraten, haben Goldman Sachs und sein Geschäftspartner, der Hedge Fonds von John Paulson, bewusst auf einen Kurssturz und einen Einbruch der Immobilienblase gesetzt, die Kunden darüber aber nicht aufgeklärt. Den Vorwurf des Betrugs hat die Investmentbank stets abgestritten. Sie rang sich allenfalls zu der Formulierung durch, ihre Klientel „unvollständig“ informiert zu haben.

Die Sache ist für Goldman Sachs damit aber nicht ausgestanden. Noch muss ein Bezirksgericht in New York dem Deal seinen Sanktus erteilen. Womöglich erhöht es die Strafe sogar noch – wie im Vorjahr gegen die Bank of America. Zudem sind Klagen von Privatinvestoren anhängig, und auch die Ermittlungen des US-Justizministeriums laufen weiter.

Aktie legt zu

Die Nachricht über die Einigung, die sich seit Längerem abgezeichnet hatte, kam nach Börsenschluss. Gerüchte zirkulierten freilich schon kurz davor, und so legte die Goldman-Aktie gleich um vier Prozent zu. Am Ende dürfte die Bank von dem Deal noch profitiert haben. Analysten rechnen mit einer Steigerung des Börsenwerts um 800 Mio. Dollar. Ohnehin zahlt Goldman Sachs die Strafe quasi aus der Portokassa. Im Vorjahr verzeichnete die Firma einen Gewinn von 13,4 Mrd. Dollar.

Als eine der wenigen Großbanken ging sie aus der Finanzkrise gestärkt hervor. Der Skandal um „Abacus“, der vor drei Monaten geplatzt war, und die peinlichen Einvernahmen ihrer Spitzenmanager vor einem Untersuchungsausschuss des Kongresses kratzten am Ruf. Die befürchtete Massenflucht der Kunden ist aber ausgeblieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2010)

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