Der Historiker und Publizist Philipp Blom sieht unser Modell der Zivilisation am Ende. Über Klima, Viren, kranken Konsum, das falsche Menschenbild der Aufklärung – und wie wir unseren eigenen Stephansdom bauen können.
Die Presse: Alle machen sich profunde Gedanken zu Corona, Sie nicht. Warum?
Philipp Blom: Es war noch nicht genug Zeit zum Nachdenken. Ich könnte nichts sagen, was dem allgemeinen Geschnatter voraus ist – also nur mitschnattern. Dann würde ich in eine liberale oder in eine linke Schublade passen. Das interessiert mich nicht. Nur so viel: Wir erleben jetzt, wie wenig erhaben wir über die Natur sind. Dass die fortschrittlichste Zivilisation durch eine blöde kleine RNA-Kette von einem Tiermarkt in China zum Stillstand gebracht werden kann. Dass wir verletzliche Organismen sind und die Natur nicht zähmen können.
Ihr Thema bleibt die „Klimakatastrophe“?
Ja. Die Epidemie ist ein viel kleineres Ereignis, das sich viel einfacher beherrschen lässt. Aber wir leben am Ende einer Weltsicht und eines Zivilisationsmodells, das uns nicht mehr nützt, sondern schadet.