Premier Johnsons enger Berater Dominic Cummings gerät zunehmend unter Druck, weil er während des Lockdown nach Durham gefahren ist.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat seinen umstrittenen Chefberater in der Affäre um angebliche Lockdown-Verstöße verteidigt. Nach einem ausführlichen Gespräch mit Cummings sei er zu dem Schluss gekommen, dass Dominic Cummings "den Instinkten eines jedes Vaters gefolgt" sei, sagte Johnson bei einer Pressekonferenz am Sonntag.
Cummings habe "in jeder Hinsicht verantwortlich, legal und mit Integrität" gehandelt, so der Regierungschef. Dabei forderte heute nach Oppositionspolitikern auch bereits ein Abgeordneter aus Johnsons Konservativer Partei Cummings zum Rücktritt auf. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Regierung so viel politisches Kapital verliere, schrieb Steve Baker am Sonntag auf Twitter. "Dominic Cummings muss gehen", forderte er.
Dem Wahlkampfstrategen wird vorgeworfen, mit einer Reise von London zu seinen Eltern ins rund 430 Kilometer entfernte Durham Ende März die Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie umgangen zu haben. Jüngsten Berichten zufolge reiste er sogar mindestens zwei Mal dorthin. Das bestreitet die Regierung jedoch.
Cummings erklärte am Samstag, er habe sich gesetzeskonform verhalten, als er Ende März mit seiner an Covid-19 erkrankten Frau und seinem vierjährigen Sohn im Auto rund 400 Kilometer weit durch England zu seiner Familie nach Durham gefahren war. Johnson Büro teilte mit, Cummings habe entsprechend der Corona-Regeln gehandelt und sich mit der Reise angesichts der Erkrankung seiner Frau um die Betreuung seines Sohnes kümmern wollen. Cummings hatte die Kampagne für den britischen EU-Austritt vor dem Brexit-Referendum 2016 organisiert.
„Vernünftig und legal gehandelt"
Die Debatte hatte am Wochenende das Nachrichtengeschehen in dem Land dominiert. Cummings bestand darauf, "vernünftig und legal" gehandelt zu haben.
Er habe die Betreuung für seinen Sohn sicherstellen wollen, weil seine Frau an Covid-19 erkrankt gewesen sei und er selbst auch mit einer Ansteckung habe rechnen müssen. Er erkrankte nach eigener Darstellung kurz nach seiner Ankunft in Durham. Gemäß den Richtlinien der Regierung waren zu diesem Zeitpunkt Reisen nur bei zwingenden Gründen erlaubt.
Öfters nach Durham gereist?
Den jüngsten Zeitungsberichten nach soll Cummings auch am 19. April in Durham gesehen worden sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seine Arbeit in London nach überstandener Covid-19-Erkrankung bereits wieder aufgenommen. Auch am 12. April wurde er angeblich von einem Passanten erkannt. Dieses Mal bei einem beliebten Ausflugsziel, knapp 50 Kilometer von Durham entfernt. Sollte sich die Berichte als wahr erweisen, müsste Cummings mindestens ein zweites Mal während des Lockdowns nach Durham gefahren sein. Eine Regierungssprecherin wies die Vorwürfe am Abend als "falsch" zurück.
Cummings bestreitet, dass seine Familie während des Aufenthalts in Durham von der Polizei kontaktiert worden sei. Dieser Darstellung widersprach jedoch die Polizei am Samstagabend. In einer Mitteilung hieß es, Cummings' Vater sei von einem Polizeibeamten am 1. April wegen der Anwesenheit seines Sohnes kontaktiert worden, nachdem ein entsprechender Hinweis eingegangen sei.
(APA/dpa)