Auf die Wirkung kommt es an

Raphaela Tončić-Sorinj
Raphaela Tončić-SorinjAshoka
  • Drucken

Porträt. „Jeder Mensch soll spüren, dass sie oder er Veränderung bewirken kann“, sagt Raphaela Tončić-Sorinj. Mit Ashoka unterstützt die neue Country-Direktorin Social Entrepreneurs.

Was Raphaela Tončić-Sorinj vor Augen hat, ist klar: Sie möchte die Gesellschaft darin unterstützen, dass „jede und jeder Einzelne Veränderung anstoßen kann“, sagt die 48-Jährige. Oder um es mit den Worten von Ashoka, der Organisation, die Social Entrepreneurs unterstützt, zu sagen: Everyone a Changemaker. „Jeder Mensch soll spüren, dass sie oder er Veränderung bewirken kann“, sagt die neue Ashoka-Österreich-Country-Direktorin, die sich diese Aufgabe mit Georg Schön teilt.

Beim „Changemakers United“-Summit diese Woche wurden daher verschiedene internationale Projekte vorgestellt, die Sozialunternehmer zur Lösung der aktuellen Krise anbieten. Darunter fand sich auch der Beitrag von Walburga Fröhlich und Klaus Candussi, den Gründern des Sozialunternehmens Atempo: Sie entwickelten die App „Capito“, die durch die Übersetzung in einfache Sprache behinderten bzw. kranken Menschen oder Menschen mit Lernschwächen helfen soll, komplexe Texte zu verstehen.

Ihr gehe es darum, sagt Tončić-Sorinj, Lösungen wie diese zu skalieren. Etwa mittels Open-Source-Lösungen, bei denen eine Quelle zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt wird, oder durch Social Franchising, bei dem Lösungen 1:1 übernommen werden. Denn viele „dieser Leute bleiben oft in den Garagen“ und könnten ihre Wirkung nicht entfalten.

Wirkung messbar machen

Weil „Wirkung“ ein nicht ganz einfach zu fassender Begriff ist, wendet sie den „Social Reporting Standard“ an. Ein Werkzeug, das von der Universität Hamburg und der Technischen Universität München entwickelt wurde.

Anhand einer siebenstufigen Skala lässt sich bewerten, ob die Maßnahmen wie geplant umgesetzt wurden, ob sie die Zielgruppe erreicht haben und ob sie angenommen wurden: Diese drei Stufen werden als Output bezeichnet. Die weiteren vier Stufen (Outcome und Impact) fragen, ob sich die Zielgruppe, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten verändern, ob sie ihr Verhalten, ob sich ihre Lebenssituation und als letzte Stufe, ob sich die Gesellschaft verändert. „Stairway to Impact Heaven“, nennt Tončić-Sorinj dieses Modell. Um es sinnvoll anwenden zu können, sei es essenziell, den Purpose des Unternehmens zu kennen und zu wissen: Was will ich erreichen, was motiviert mich dazu? Besonders in der Krise sollten sich Organisationen, die ihr Angebot den veränderten Gegebenheiten anpassen wollen, fragen: Was bewirke ich?

Denn es habe sich in den vergangenen Wochen gezeigt, dass innerhalb kurzer Zeit plötzlich vieles möglich wird. „Organisationen brauchen den Blick auf die Gesellschaft und was diese braucht, um ihre aktuelle Situation besser zu meistern“, sagt sie.

2014 war Tončić-Sorinj zu Ashoka Österreich gestoßen. Zuvor hatte sie als Business Consultant bei Ernst & Young und später bei Capgemini im Bereich Prozess-, Organisations- und Veränderungsmanagement gearbeitet, danach die WU Executive Academy, die Business School der Wirtschaftsuniversität Wien, mitaufgebaut. Bereits 2015 hatte die gebürtige Salzburgerin gemeinsam mit Schön das „Ashoka Visionary Program“ ins Leben gerufen. Fokus des Programms ist, Social Entrepreneurs und anderen Entscheidungsträgern aus der Wirtschaft, dem öffentlichen Bereich und der Zivilgesellschaft die nötigen Kenntnisse zu vermitteln, um gesellschaftliche Probleme unternehmerisch und partnerschaftlich zu lösen und in ein „größeres Ganzes einzubetten“, sagt Tončić-Sorinj. Das Programm sei aber auch eine persönliche Lernreise und eine Möglichkeit, sich ein Netzwerk aufzubauen.

Die entsprechende Haltung vorausgesetzt: Gutes bewirken zu wollen, neugierig zu sein und sich der Herausforderung zu stellen, sich auf Neues einzulassen. Und „unlikely alliances“ einzugehen: also (Denk- und Arbeits-)Silos mit neuen Lösungen zu durchbrechen.

Klartext reden

Diese Haltung hat auch etwas mit dem Führungsverständnis von Tončić-Sorinj zu tun. Gerade im Bereich der Sozialunternehmen und im Non-Profit-Bereich, zu dem Ashoka zählt, komme es darauf an, „Klartext zu reden, was ich erreichen will“. Es gehe darum, Partner zu überzeugen, um gemeinsam Ziele zu erreichen, und sich nicht krampfhaft an Hierarchien zu klammern.

Zur Person

Raphaela Tončić-Sorinj (48) kam 2014 zu Ashoka, einer Organisation, die Social Entrepreneurs unterstützt. 2015 etablierte sie das „Ashoka Visionary Program“. Seit Jahresbeginn ist sie Co-Country-Direktorin (mit Georg Schön). Davor war die gebürtige Salzburgerin als Business Consultant bei Ernst & Young und später bei Capgemini tätig und unterstützte den Aufbau der WU Executive Academy, der Business School der Wirtschaftsuniversität Wien, deren stellvertretende Leiterin sie war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.