Coronahilfen

Studie: Der Merkel-Macron-Plan kostet Österreich rund vier Milliarden

Emmanuel Macron und Angela Merkel preschten mit ihrem 500-Milliarden-Plan vor und riefen damit in der EU auch viel Gegenwind hervor.
Emmanuel Macron und Angela Merkel preschten mit ihrem 500-Milliarden-Plan vor und riefen damit in der EU auch viel Gegenwind hervor.APA/AFP/POOL/KAY NIETFELD
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Spanien und Italien wären in absoluten Zahlen die größten Profiteure. Die EU-Kommission will zum ärger der „sparsamen Vier“ zum überwiegenden Teil auf Zuschüsse und nicht auf Kredite setzen.

Der deutsch-französische Plan für Coronahilfen wird Österreich zwischen 3,4 und 4,4 Milliarden Euro kosten, also rund ein Prozent seiner Wirtschaftskraft. Dies ergibt eine Berechnung des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Der deutsche Nettobeitrag betrüge demnach 24 bis 38 Milliarden Euro. Größte Profiteure wären Italien (19 bis 26 Milliarden) und Spanien (14 bis 24).

In der vom Mannheimer Wirtschaftsprofessor Friedrich Heinemann erstellten Expertise wurden zwei Modelle durchgerechnet. Nach dem ersten würden die Coronagelder entsprechend dem Ausmaß des Wirtschaftseinbruchs an die Mitgliedsstaaten verteilt, nach dem zweiten entsprechend dem BIP-Rückgang und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Das zweite Modell würde einen größeren Nettobeitrag von Österreich und Deutschland bedeuten und Spanien zum größten Profiteur machen, das dann fast zwei Prozent seiner Wirtschaftskraft aus dem Coronatopf ersetzt bekäme. Nach dem ersten Modell hätte Italien den größten Nettobeitrag und auch Frankreich wäre mit 10,7 Milliarden Euro ein starker Profiteur (in Szenario 2 wären es "nur" 1,4 Milliarden Euro). Relativ größter Profiteur wäre in beiden Rechenmodellen Griechenland mit einem Nettoplus von 2,2 bis 2,6 Prozent seiner Wirtschaftskraft.

Zuschüsse oder Kredite - und in welchem Verhältnis?

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron haben vorgeschlagen, dass die EU-Coronahilfen einen Umfang von 500 Milliarden Euro haben und in Form von Zuschüssen ausgezahlt werden sollen. Dagegen wehren sich vier "sparsame" Länder, die schon im Ringen ums EU-Budget an einem Strang ziehen: Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark. In ihrem am Wochenende bekannt gewordenen Konzept fordern sie, dass die Coronahilfen nur in der Form von Krediten ausbezahlt werden.

Von den Ländern der "sparsamen Vier" müsste der ZEW-Expertise zufolge Schweden den größten Nettobeitrag leisten, mit 4,7 bis 5 Milliarden Euro. Auf die Niederlande würden 2 bis 2,7 Milliarden Nettobeitrag entfallen, auf Dänemark 3 bis 3,9 Milliarden. In Relation zur Wirtschaftskraft würden somit Schweden und Dänemark mehr aufwenden als Österreich.

Die EU-Kommission wird aber "zum überwiegenden Teil Subventionen" für ihren Wiederaufbauplan am Mittwoch vorsehen. Wie der EU-Kommissionsvertreter in Wien, Martin Selmayr, am Montag weiter sagte, werde die EU-Kommission einen Wiederaufbauplan in Höhe von 500 Milliarden Euro und einen EU-Finanzrahmen im Umfang von rund einer Billion Euro vorschlagen. Der EU-Kommissionsvertreter ortet aber keinen Richtungsstreit in der EU, sondern "eine gemeinsame Schnittmenge von 90 Prozent". Der Kommissionsvertreter zeigte sich zuversichtlich, dass der EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 im Sommer beschlossen werde. Eine Chance biete der EU-Gipfel am 18. Juni, wahrscheinlich brauche es aber noch einen weiteren Anlauf Ende Juni oder Anfang Juli, sagte er. 

Den Vorschlga der Gruppe der "sparsamen Vier“ nimmt die EU-Kommission zur Kenntnis, ohne diesen zu kommentieren, sagte ein Sprecher von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag. Es gebe viele Beiträge zu der Debatte.

Polen müsste verhältnismäßig viel einzahlen

Was die Verteilung der Lasten innerhalb der Coronahilfen angeht, dürfte es nicht nur zu deutlichen Verschiebungen innerhalb der Gruppe der traditionellen EU-Nettozahler, sondern auch zwischen Nettozahlern und Nettoempfängern allgemein. So würde etwa Polen mit 10,4 Milliarden Euro im ersten Modell (nur BIP-Rückgang) deutlich mehr in den Coronatopf einzahlen als es herausbekäme. Das wären knapp zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts und damit der relativ größte Beitrag aller Mitgliedsstaaten. Auch Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Rumänien, die baltischen Länder und selbst das ärmste EU-Land Bulgarien wären Corona-Nettozahler, wenn nur die Konjunkturentwicklung für die Berechnung der Auszahlungen herangezogen würde. Es blieben dann nämlich nur sieben Nettoempfänger übrig: Italien, Spanien, Griechenland, Kroatien, Frankreich, Zypern und Portugal. Erst eine Berücksichtigung der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen würde auch die restlichen EU-Neumitglieder zu Coronahilfs-Empfängern machen.

(APA)

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