Neuregelung

Corona-Kurzarbeit wird verlängert und reformiert

CORONAVIRUS - KURZARBEIT/ARBEITSMARKT
CORONAVIRUS - KURZARBEIT/ARBEITSMARKTAPA/BARBARA GINDL
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Die neue Vereinbarung der Sozialpartner bringt mehr Rechts- und Planungssicherheit, weniger Bürokratie für Betriebe und Verbesserungen für Arbeitnehmer.

Die Sozialpartner haben sich auf eine Verlängerung und Neuregelung der Corona-Kurzarbeit um drei Monate geeinigt. Damit sollen Arbeitsplätze in der Krise gesichert werden, so die Vertreter von Arbeiterkammer, ÖGB und Wirtschaftskammer am Montag. Die neue Vereinbarung bringe mehr Rechts- und Planungssicherheit, weniger Bürokratie für Betriebe und Verbesserungen für Arbeitnehmer.

Die Corona-Kurzarbeit war zunächst mit drei Monaten befristet und kann nun um bis zu drei Monate verlängert werden. Vereinbarungen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt am 1. März begonnen haben, können also mit 1. Juni verlängert werden.

Das bisherige Modell habe in den ersten drei Monaten ab März bereits mehr als 1,3 Millionen Arbeitsplätze gesichert, so Arbeiterkammer und ÖGB in einer gemeinsamen Aussendung am Montag. Die Neuregelung bringe eine vereinfachte Berechnung, Arbeit auf Abruf sei verboten und dank geänderter Durchrechnungsmodalitäten bekämen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit die tatsächlich geleistete Arbeit bezahlt.

Erfolgreiches Modell

"Ein erfolgreiches Modell geht in die Verlängerung", freut sich ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Die Netto-Ersatzrate für Arbeitnehmer bleibe bei 80, 85 bzw. 90 Prozent. In Zukunft könne Arbeitnehmern kein Entgeltnachteil aus der Möglichkeit der Arbeitszeitdurchrechnung entstehen, da sich die Arbeitszeitdurchrechnung nicht auf die Entgeltfindung auswirke.

WKÖ-Präsident Harald Mahrer und WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf begrüßten in einer Aussendung ebenfalls die Sozialpartnervereinbarung: "Die Kurzarbeit ist ein wesentliches Instrument im Hilfspaket der Bundesregierung. Wir sichern damit Arbeitsplätze in unseren Betrieben und stützen den Wirtschaftskreislauf." Die neue Sozialpartnervereinbarung gelte sowohl für neue Anträge als auch für Verlängerungen und stehe seitens der WKÖ unter https://bit.ly/2LSP31A zur Verfügung.

Um das Hochfahren der Wirtschaft zu erleichtern, kann der Arbeitgeber nun unter bestimmten Voraussetzungen eine höhere Arbeitszeit anordnen als grundsätzlich vereinbart, so die WKÖ. Unternehmen müssten künftig nicht mehr die Sozialpartner bei Arbeitszeitänderungen verständigen. Der Beschäftigtenstand soll gehalten werden, die Vereinbarung sehe hier aber auch Klarstellungen und Lockerungen vor, so entfällt etwa mit Zustimmung der Gewerkschaft oder des AMS-Regionalbeirats die Behaltepflicht nach der Kurzarbeit.

"Wir wissen nicht, wie lange diese Krise noch andauert, daher ist die Verlängerung der Corona-Kurzarbeit wichtig und richtig", sagt AK Präsidentin Renate Anderl. Durch Präzisierungen werde das Modell noch attraktiver. "Ziel war, ist und bleibt es, Arbeitslosigkeit zu verhindern." Anderl streicht die verbesserte Planbarkeit für Arbeitnehmer hervor. In der neuen Vereinbarung ist Arbeit auf Abruf dezidiert verboten, Arbeitgeber müssen mindestens drei Tage im Voraus bekannt geben, wenn sie höhere Arbeitszeiten benötigen werden. "Ein weiterer wichtiger Punkt war uns, dass die Beschäftigten in Kurzarbeit die tatsächlich jedes Monat geleistete Arbeit auch bezahlt bekommen - nach dem Motto was es wiegt, das hat's."

Signal an die Jugend

Neu geregelt ist auch die Bezahlung für Lehrlinge, sie bekommen beim Wechsel des Lehrjahres oder bei erfolgreicher Lehrabschlussprüfung eine höhere Lehrlingsentschädigung beziehungsweise mehr Lohn und Gehalt. Außerdem sieht die Neuregelung eigene Dienstzettel für die Zeit der Kurzarbeit vor.

Informationen bieten ÖGB und AK unter der Jobundcorona-Hotline von Montag bis Freitag ab 9 Uhr unter der Nummer 0800 22 12 00 80. Auf der Website jobundcorona.at finden sich zu allen Themen rund um Arbeit und Corona Fragen und Antworten.

Europaweit gefragt

Die Coronakrise hat in Europa die Arbeitsmärkte voll erfasst, wie sich neben den hohen Arbeitslosenzahlen auch in der starken Nachfrage nach Kurzarbeit zeigt. Alleine in den fünf größten Volkswirtschaften Europas seien 40 Millionen Menschen in Kurzarbeit, teilte die Agenda Austria am Montag mit. Anteilsmäßig liege Österreich an zweiter Stelle, nur in der Schweiz ist der Anteil höher.

Der Anteil der Kurzarbeit in Prozent der Erwerbswilligen (Arbeitskräftepotenzial: Erwerbstätige und Arbeitslose) lag den Agenda-Austria-Angaben zufolge in Österreich im April bei 29 Prozent, in der Schweiz waren es 40,1 Prozent. An dritter Stelle der insgesamt sieben untersuchten Länder befand sich Belgien (25,8 Prozent), gefolgt von Irland (25,4 Prozent) und Deutschland (23,8 Prozent). Am geringsten war der Kurzarbeitsanteil in Schweden mit 9,4 Prozent.

Der Anteil der seit März Arbeitslosen lag in Österreich bei 4,2 Prozent und damit am höchsten. Dahinter folgten Großbritannien und Spanien mit je 2,6 Prozent. Die geringsten Werte wiesen Belgien (0,5 Prozent), Deutschland (0,6 Prozent) und Schweden (0,7 Prozent) auf. Bereits vorher arbeitslos waren in Österreich 7,4 Prozent des Arbeitskräftepotenzials. Deutlich mehr waren es etwa in Spanien (14,2 Prozent) und Belgien (9,4 Prozent). Am besten schnitten hier Schweden und Großbritannien mit je 3,9 Prozent ab, wie aus der Untersuchung der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria hervorgeht.

Um den Arbeitsmarkt zu entlasten und Menschen in Beschäftigung zu bringen, brauche es nicht nur eine Subvention bestehender Arbeitsverhältnisse, sondern auch einen Anreiz für Neueinstellungen, bekräftigte Agenda-Austria-Ökonom Denes Kucsera. Die Agenda Austria hat in der Vorwoche eine Studie für die Weiterentwicklung der Kurzarbeit und eine Förderung für die Schaffung neuer Jobs präsentiert. Vorgeschlagen wurde darin unter anderem die befristete Streichung der Sozialbeiträge für neu geschaffene Arbeitsplätze. Eine mögliche Verlängerung der Kurzarbeit, für die die Sozialpartner plädierten, sollte mit einer schrittweisen Zurücknahme der Subvention einhergehen. Bei längerer Nutzung der Kurzarbeit könnte der Staat z.B. nur mehr bis zu 70 Prozent der Arbeitskosten übernehmen. Derzeit ist es möglich, die Arbeitszeit um bis zu 90 Prozent zu reduzieren. "Um die langsame Erholung zu stimulieren, könnte die Kurzarbeit künftig etwa nur noch für Arbeitszeit-Reduktionen von bis zu 50 Prozent ermöglicht werden", so die Empfehlung.

Insgesamt seien in Österreich Mitte Mai 1,3 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit gewesen. In Deutschland beispielsweise waren es laut Agenda Austria Ende April 10,1 Millionen gewesen, in Großbritannien 6,3 Millionen, in Spanien 4 Millionen und in der Schweiz 1,9 Millionen.

(APA)

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