Justiz

Umbau im Justizministerium: Christian Pilnacek wird entmachtet

EXPERTENRUNDE FUeR DAS 'GESAMTPAKET GEGEN HASS IM NETZ': PILNACEK  / ZADIC
EXPERTENRUNDE FUeR DAS 'GESAMTPAKET GEGEN HASS IM NETZ': PILNACEK / ZADICAPA/HELMUT FOHRINGER
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Ministerin Alma Zadic teilt die große Strafrechtssektion, die bisher vom mächtigen Sektionschef Christian Pilnacek geleitet wurde.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) greift in ihrem Ressort durch. Am Dienstag gab sie die Trennung der vor zehn Jahren fusionierten Strafrechtssektion bekannt, ein Schritt zur Entmachtung von deren umstrittenen Chef Christian Pilnacek. Künftig werden für Legistik und Fachaufsicht wieder zwei Sektionen zuständig sein. Will Pilnacek bleiben, muss er sich neu bewerben.

Zadic begründete die Aufteilung der Strafrechtssektion mit einer "inneren Gewaltenteilung" im Haus und mit entsprechenden internationalen Empfehlungen. Der Anschein von Unvereinbarkeit in Strafverfahren solle vermieden werden. Die neue Sektion für Einzelstrafsachen werde die Fachaufsicht für alle Staatsanwaltschaften übernehmen, was auch einen Schritt zur Verfahrensbeschleunigung bringe. Die Sektion für Straflegistik werde sich auf Reformvorhaben konzentrieren.

Wer für die inhaltliche Reform der Strafgesetze zuständig sei, habe zwangsläufig Kontakt zu Politikern und "Stakeholdern" aus der Wirtschaft. Das sei problematisch, wenn gleichzeitig gegen diese Personen ermittelt werde, begründete die Ministerin die Umstrukturierung.

"Zum Problem wird das gerade in clamorosen (aufsehenerregenden, Anm.) Verfahren, wo möglicherweise gegen die selben Politikerinnen und Stakeholer ermittelt wird, mit denen man vorher in der Gesetzesausarbeitung zusammengearbeitet hat", betonte Zadic: "Das kann ein Spannungsverhältnis erzeugen, das sich die Beamtinnen und Beamten nicht verdient haben. Das kann auch schnell zu einem Generalverdacht führen, den sich unser Rechtsstaat nicht verdient hat."

ÖVP informiert

Der Koalitionspartner ÖVP wurde den Angaben zufolge am Dienstagnachmittag über die Pläne informiert, eine Zustimmung sei nicht nötig. Jeder Minister habe die Aufgabe, selbst für gute Rahmenbedingungen in seinem Ressort zu sorgen, betonte Zadic. Sie erwartet sich von der Organisationsreform, die bis Herbst abgeschlossen sein soll, auch Verfahrensbeschleunigungen.

Ob sich Pilnacek für die Leitung einer der beiden Sektionen bewerben wird, ließ Zadic offen. Sie habe allerdings bereits mit ihm gesprochen und "natürlich kann sich Sektionschef Pilnacek auch darauf bewerben". Sie habe schon bisher sehr gut mit ihm zusammengearbeitet und freue sich auf eine weitere Zusammenarbeit.

Bei der Opposition wurde das Vorhaben positiv aufgenommen. Der Schritt sei überfällig, man habe dies lange gefordert, hieß es bei der SPÖ. Auch die Neos sahen einen großen Schritt in Richtung Unabhängigkeit der Justiz. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl wertet den Umbau im Justizministerium als "logische Konsequenz einer schrittweisen Selbstdemontage" von Sektionschef Pilnacek bei zeitgleichem Rückzug des "ÖVP-Schutzschirms". In einer Aussendung vermutete er, dass nun jemand anderer im Ressort eine schützende Hand über die Volkspartei halten werde. 

Seit 2010 war Pilnacek Leiter der großen Strafrechtssektion. Seither gilt er als mächtigster Beamter im Ressort; Josef Moser (ÖVP) machte ihn während der Zeit von Türkis-Blau auch zum Generalsekretär des Ministeriums. Pilnacek, der mit einer Strafrechtsreform erfolgreich war, gilt als hervorragender Legistiker - seine Personalie ist aber auch umstritten. Zuletzt machte er Schlagzeilen, als Beschuldigte in der Casinos-Affäre von ihm im Ministerium empfangen wurden. Zadic stellte sich damals hinter den mächtigen Sektionschef. Auch Pilnaceks Zwist mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft schlug Wellen: Er wurde von den Antikorruptionsstaatsanwälten wegen Amtsmissbrauchs angezeigt - und reagierte mit einer Gegenanzeige. Beides trug keine Früchte.

(Red.)

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