Finanzierungen

Wie Corona Kredite beeinflusst

CORONAVIRUS: PK 'AKTUELLE UNTERSTUeTZUNGSMASSNAHMEN FUeR DIE WIRTSCHAFT' - SCHRAMBOeCK / BLUeMEL / TREICHL
CORONAVIRUS: PK 'AKTUELLE UNTERSTUeTZUNGSMASSNAHMEN FUeR DIE WIRTSCHAFT' - SCHRAMBOeCK / BLUeMEL / TREICHLAPA/ROLAND SCHLAGER
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Eine Unzahl an Kreditanträgen beschäftigt derzeit die Banken. Aber auch bei bestehenden Kreditverträgen tauchen aufgrund der Covid-19-Krise auf einmal viele Fragen auf.

Viele Unternehmen klagen darüber, von Banken nicht die Kredite ausbezahlt zu bekommen, die sie so dringend brauchen. Andreas Treichl, Spartenobmann der Banken in der Wirtschaftskammer, sagt, das liege an der enormen Bürokratie, nicht an den Banken.Diese hätten nämlich immer das Interesse, Kunden zu helfen. Es sei auch für die Bank die schlechteste Variante, wenn ein Unternehmen insolvent werde.

In der Tat sind Banken aufgrund des Corona-Ausnahmezustands mit schwierigen Fragen konfrontiert, sagt Anwalt Michael Magerl (Haslinger Nagele Rechtsanwälte.„Und zwar sowohl bei der Neuvergabe von Krediten, aber auch, wenn es um bestehende Verträge geht. Denn bei vielen Kreditnehmern hat sich die wirtschaftliche Situation in den vergangenen Wochen verschlechtert“. Hier einige Antworten:

Sind Kreditgeber berechtigt, bestehende Finanzverträge auch während der Corona-Krise zu kündigen?

Allgemein gilt, dass ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Kreditvertrag sowohl vom Kreditgeber als auch vom Kreditnehmer unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden kann, wenn nichts anderes vereinbart worden ist. Ein auf bestimmte Dauer abgeschlossener Kreditvertrag endet durch Zeitablauf, jedoch sind Kündigungen bei sachlich gerechtfertigten oder wichtigen Gründen zulässig, etwa wenn der Kreditnehmer in Zahlungsverzug gerät. Und was ist bei Corona? „Ein Anspruch des Kreditnehmers darauf, dass sein Vertrag nicht gekündigt werden darf, wenn höhere Gewalt – und dazu ist die Covid-19-Pandemie zu zählen – im Spiel ist, besteht nicht, sagt Anwältin Johanna Fischer. „Es sei denn das wurde ausdrücklich vorweg vereinbart.“ Allerdings enthalten Finanzierungsverträge häufig „Heilungsfristen“. Das heißt, es wird ein gewisser Zeitraum angeordnet, innerhalb dessen ein eingetretener Kündigungsgrund vom Kreditnehmer wieder beseitigt werden kann, erklärt die Bankenrechtsexpertin. „Da diese Fristen in aller Regel kurz sind, die Folgen der Corona-Krise aber nur schwer abschätzbar sind, sollte frühzeitig das Gespräch mit der Bank gesucht werden, um noch vor Verstoß gegen Verpflichtungen alternative Lösungen zu besprechen.“ ?

► Können Kreditgeber jetzt mehr Sicherheiten fordern?

Ja, viele Finanzierungsverträge berechtigen den Kreditgeber nämlich, bei Veränderungen des Risikos die Bestellung zusätzlicher, angemessener Sicherheiten (Bürgschaften, Hypotheken) zu fordern. Kann der Kreditnehmer diese Sicherheiten nicht binnen einer angemessenen Frist erbringen, kann die Bank von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen, erklärt Jurist Michael Magerl.

Kann der Kreditgeber die Auszahlung von Kreditmitteln verweigern?

Auch das ist möglich: Kreditverträgen sehen häufig vor, dass die Bank nur dann zur Auszahlung des Kredits oder einzelner Kredittranchen verpflichtet ist, wenn kein Kündigungsgrund vorliegt oder einzutreten droht. „Wenn der Kreditgeber also sieht, dass der Kunde nicht mehr in der Lage ist, die vereinbarten Raten zurück zu zahlen, ist er auch nicht mehr verpflichtet, weiter Kredittranchen auszuzahlen“, sagt Johanna Fischer.

Ist der Kreditnehmer berechtigt, Zahlungen aufgrund von Liquiditätsengpässen zu verweigern oderzu verschieben?

Grundsätzlich: Nein! Mit der Umsetzung des 4. Covid-19-Gesetzes sind Kreditgeber nun aber verpflichtet, Verbrauchern und Kleinstunternehmen Kreditraten zu stunden. Das gilt aber nur für Kreditverträge, die vor dem 15.03.2020 abgeschlossen wurden. „Im Rahmen der Stundung werden Ansprüche des Kreditgebers (Rückzahlung, Zinsen),die im Zeitraum zwischen 1. April.2020 und 30. Juni. 2020 fällig werden für die Dauer von drei Monaten gestundet, und zwar ohne dass Verzugszinsen anfallen“, sagt Magerl. Voraussetzung für die Stundung ist jedoch, dass das Kleinstunternehmen seine Leistungen aufgrund von Umständen nicht erbringen kann, die auf dieCovid-19-Pandemie zurückzuführen sind. Wichtig dabei: Die Stundung tritt von Rechts wegen ein, der Unternehmer muss sie also nicht erst mit der Bank vereinbaren und braucht auch nicht ihre Zustimmung einholen. „Im Gegenteil, die Stundung erfolgt automatisch, selbst wenn sich der Kreditgeber gegenüber der Bank nicht erklärt“, so Fischer. Eines muss die Bank allerdings in jedem Fall überprüfen, nämlich ob die gesetzlichen Voraussetzungen auch wirklich vorliegen.Unternehmen, die schon vor Corona in Schieflage waren, sollen nämlich von den Covid-Regeln nicht erfasst werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2020)

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