Nach heftigen Debatten im Parlament kommen die geplanten Corona-Ausgaben der Regierung doch ins Budget. Die Opposition schäumt: Man habe „60 Stunden lang über den falschen Text verhandelt“. Die SPÖ will einen Misstrauensantrag gegen den Finanzminister unterstützen.
Nach der heftigen Debatte um die veralteten Zahlen im Budget, das am Donnerstag im Parlament beschlossen wird, haben die Regierungsparteien ÖVP und Grüne mittels Abänderungsantrag zumindest die Covid-Ausgaben doch noch in den Haushaltsplan aufgenommen. Konkret wird die bestehende Überschreitungsermächtigung in Höhe von 28 Milliarden Euro auf vier Budgetrubriken aufgeteilt.
Durch die Aktualisierung des Budgets ergeben sich Ausgaben in Höhe von 102,4 Milliarden statt der bisher budgetierten 82,4 Milliarden Euro. Die Einnahmenseite wird nicht aktualisiert, es bleibt bei den vor der Krise budgetierten 81,8 Milliarden Euro. Damit ergibt sich ein Defizit von 20,6 Milliarden Euro. Nach Brüssel hat Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) Ende April einen Rückgang der Einnahmen um elfeinhalb Milliarden Euro und damit ein Minus von 30,5 Milliarden Euro (acht Prozent des Bruttoinlandsprodukt) gemeldet.
20 Milliarden Euro in Covid-Fonds
20 der 28 Milliarden Euro werden in der Untergliederung "Bundesvermögen" im Globalbudget in Form eines Covid-19-Fonds verbucht. Acht Milliarden Euro bleiben als Überschreitungsermächtigung stehen. Die Zuteilung der Mittel erfolge aufgrund des zum heutigen Zeitpunkt anzunehmenden und erwarteten tatsächlichen Auszahlungsbedarfs, hieß es aus dem Finanzministerium am Donnerstag. "Diese Aufteilung ändert nichts an der Höhe der derzeit budgetierten Ausgabenermächtigung von 28 Milliarden Euro. Vielmehr soll mit dieser Vorgangsweise eine bessere Zuordenbarkeit der finanziellen Mittel im Zuge der Covid-19-Hilfen erreicht werden."
In der Rubrik 0,1 (Sicherheit und Recht) sollen bis zu einer Milliarde Covid-19-Fondsmittel eingesetzt werden dürfen. Dieses Geld wird für Bedarf der öffentlichen Ordnung und Sicherheit insbesondere für entsprechende Schutzausrüstungen, für die Unterstützung von Österreichern im Ausland, die mit Schwierigkeiten bei der Rückkehr konfrontiert waren sowie für den Unterstützungsfonds für Non-profit-Organisationen aufgewendet.
In der Rubrik 2 (Arbeit und Soziales) ist für Kurzarbeit sowie insbesondere für Mehrbedarfe im Bereich der Pflege und Familien sowie für Auszahlungen im Zusammenhang mit dem Epidemiegesetz mit bis zu elfeinhalb Milliarden vorgesorgt. In der Rubrik 3 (Bildung und Forschung) enthalten sind die Gelder für den Fonds für Künstler, Auszahlungen im Bereich der Forschung sowie für krisenbedingte Mehraufwände im Bereich Bildung. Insgesamt sind es bis zu 1,2 Milliarden Euro.
Der größte Brocken ist mit 14,3 Milliarden in der Rubrik 4 (Wirtschaft) budgetiert und soll den Bedarf der Corona-Finanzierungsagentur Cofag für Garantien und Fixkostenzuschüsse sowie den Härtefallfonds und spezielle Fördermaßnahmen im Bereich Wirtschaft und Verkehr sowie das Gemeindepaket decken.
„Das ist doch inakzeptabel“
Die Opposition reagierte am Donnerstag mit Protest auf den in der Nacht an die Fraktionen übermittelten Abänderungsantrag Blümel. SPÖ, FPÖ und Neos werteten dies als Affront. Die Sitzung wurde unterbrochen, eine Stehpräsidiale in der Parlamentscafeteria brachte aber keine Einigung und damit auch nicht die von SPÖ und FPÖ verlangte Rückverweisung des Budget-Abänderungsantrag an den Budgetausschuss.
Die FPÖ kündigte letztlich einen Misstrauensantrag gegen den Finanzminister an. Die SPÖ will diesen unterstützen. Vize-Klubchef Jörg Leichtfried sagte dazu, Österreich brauche in der „schwersten wirtschaftlichen und sozialen Krise der Zweiten Republik“ einen Minister mit klarem Plan für Krisenbewältigung: „Das ist Blümel nicht.“ Abgestimmt wird der Antrag am Ende der heutigen Sitzung. Eine Zustimmung gilt als ausgeschlossen.
Leichtfried hatte sich zuvor darüber empört, dass Blümels Abänderungsantrag nicht wie versprochen 24 Stunden vor der für Donnerstagabend angesetzten Abstimmung eingetroffen sei. Der Antrag sei voller handwerklicher Mängel (Budgetsprecher Jan Krainer etwa ortete darin auch 15 Milliarden Euro mehr, die sich der Finanzminister holen könne) und: "Die Abgeordneten haben 60 Stunden lang über den falschen Text verhandelt. Das ist doch inakzeptabel, Herr Präsident", wandte sich Leichtfried an den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP).
FPÖ-Klubvize Erwin Angerer pflichtete dem bei. Die Debatte sei sofort zu beenden, alle Redner seien zu streichen, und der Antrag gehöre zurück in die Ausschussberatung. Man könne angesichts all dessen auch kein Vertrauen in den Finanzminister haben. Bei den Neos stieß sich Gerald Loacker vor allem daran, dass die Abänderung die Einnahmenseite in keiner Weise berücksichtige.
„Einnahmenseite nicht darstellbar“
ÖVP-Klubchef August Wögininger konnte für die Aufregung kein Verständnis aufbringen. Man sei der Kritik der Opposition nachgekommen und ordne die 28 Milliarden Euro an Coronahilfen vier verschiedenen Rubriken zu: "Mehr ist nicht möglich." Alle hinzugezogenen Wirtschaftsforscher und Experten hätten bestätigt, dass die Einnahmenseite angesichts der unterschiedlichen Prognosen nicht darstellbar seien. Der Antrag umfasse jedenfalls nur zweieinhalb Seiten, und diese würden in den kommenden acht bis zehn Stunden ja wohl gesichtet werden können, so der ÖVP-Klubchef.
Sigrid Maurer, Klubchefin der Grünen, sah das ganz ähnlich. Die angebotene Vertagung habe die Opposition abgelehnt. Man fahre daher mit der Debatte fort und werde das Budget am Donnerstagabend beschließen.
(APA)