Kommentar

Xis Maulkorb für Hongkong

Xi Jinpings großes Ziel ist es, die Volksrepublik China stark und mächtig, gefürchtet und unbeeinflussbar von außen zu machen. Sein Appell an die nationalistischen Instinkte seiner 1,4 Milliarden Untertanen kommt gut an. Deshalb war klar, dass ihn die Warnungen aus vielen Hauptstädten vor dem geplanten Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone Hongkong kalt lassen würden.

Auch wenn die Details des Gesetzes noch nicht bekannt sind, klar ist, dass den Einwohnern der Finanzmetropole endgültig ein Maulkorb  verpasst werden soll. Klar ist aber auch, dass die kommunistischen Machthaber in Peking damit nicht nur einen beträchtlichen Teil der dortigen Bevölkerung zu neuerlichen Widerstandsaktionen ermuntern, sondern auch scharfe Gegenmaßnahmen der USA und den Protest weiterer westlicher Staaten provozieren. Offensichtlich ist für Xi die Formel „Ein Land, zwei Systeme“ eine Schimäre, auch wenn das den Bruch einer internationalen Vereinbarung bedeutet. Für ihn zählt, dass er seinen Kontrollwahn endlich auch in der Sonderverwaltungszone entfalten kann.

Hongkong verlor zuletzt als Handels- und Finanzmetropole für China immer mehr an Bedeutung. Jetzt, mit dem Entzug des Sonderstatus durch die US-Regierung, folgt möglicherweise der totale Absturz. Hongkong wird eine chinesische Millionenstadt wie viele andere, befürchten demokratische Aktivisten. Möglicherweise ist es genau das, was Xi Jinping schon immer bezweckt hat.

E-Mails an: burkhard.bischof@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2020)

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