Luftfahrt

Laudamotion-Chef: "Gewerkschaft hatte nicht das moralische Recht, gegen Mitarbeiter zu entscheiden"

Nun ist es fix: Die Laudamotion-Basis in Wien wird geschlossen.
Nun ist es fix: Die Laudamotion-Basis in Wien wird geschlossen.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Die Verhandlungen um den neuen KV für Laudamotion sind endgültig gescheitert. Die Basis wird geschlossen, Firma und Gewerkschaft überschütten sich mit Schuldzuweisungen.

Wien. Am Ende wurde es doch noch ein sozialpartnerschaftlicher Verhandlungsmarathon – allerdings ohne Happy End. In der Nacht auf Freitag gingen die Gewerkschaft Vida sowie die Wirtschaftskammer und Vertreter der zu Ryanair gehörenden Laudamotion nach knapp 15 Stunden Verhandlungen erfolglos auseinander. Die Gewerkschaft verweigerte den von Laudamotion vorgelegten und von der Wirtschaftskammer akzeptierten neuen Kollektivvertrag. Als Folge wird die Basis in Wien geschlossen. 300 direkt bei Laudamotion sowie 200 über die zu Ryanair gehörende Personalleasingfirma Crewlink angestellte Mitarbeiter verlieren ihren Job. Zudem dürfte es auch bei den 70 Stellen im Büro Kürzungen geben.

Am Tag darauf überschütten sich Gewerkschaft und Unternehmen mit Schuldzuweisungen, wer verantwortlich sei. Beide nehmen für sich in Anspruch, die Jobs unbedingt erhalten haben zu wollen, die Gegenseite habe es jedoch unmöglich gemacht.

„Es gab in den Verhandlungen viel Bewegung, allerdings nur von Laudamotion. Es ist absurd, dass Mitarbeiter mit der Gewerkschaft verhandeln mussten, dass sie ihre Jobs behalten können“, so Laudamotion-Chef David O'Brien zur „Presse“ in Anspielung auf die Tatsache, dass zwei Piloten der Fluglinie auf Seiten der Arbeitgeber bei den Gesprächen dabei waren. Die Laudamotion-Mitarbeiter, die durch eine Demonstration bei der Gewerkschaft die Verhandlungen erst wieder in Gang gebracht haben, zeigten sich in einem offenen Brief in der Folge auch schwer enttäuscht und verärgert über die Arbeitnehmervertretung. „Vida hatte nicht das moralische Recht, gegen die Zustimmung der Menschen, die hier arbeiten, zu entscheiden“, so O'Brien weiter.

Gehälter als Hauptknackpunkt

Ganz anders fällt das Resümee naturgemäß bei der Gewerkschaft aus. „Viele Mitarbeiter sind erpressbar, etwa weil sie Kredite laufen haben. Es ist ja Sinn der Gewerkschaft, diese Erpressbarkeit durch das Verhandeln auf höherer Ebene zu verhindern“, so Vida-Chef Roman Hebenstreit. Es sei aber nicht ums Prinzip gegangen, sondern darum, dass die Menschen von ihren Gehältern leben können undauch in der Krise keine Gesetze gebrochen werden.

Hauptknackpunkt war das Mindestgehalt für Flugbegleiter. Die Gewerkschaft kritisiert vor allem, dass das Basisgehalt von jährlich 14.400 Euro brutto mit monatlich 873 Euro (bei 14 Gehältern gerechnet) unter der Armutsschwelle liege. Diese betrage 1260 Euro netto im Monat. Laut Laudamotion erhalten die Flugbegleiter aufgrund der Flugzuschläge im Schnitt ohnehin rund 25.000 Euro brutto im Jahr, die Aufteilung auf niedriges Basisgehalt und Zuschläge je Flugstunde sei aber üblich.

Am Donnerstag bot Ryanair dann eine Mindestgrenze von 19.200 brutto Euro an. Das entspricht einem Nettogehalt von zwölf mal 1260 Euro – also genau der Armutsschwelle. An Basisgehalt und Zulagensystem sollte sich zwar nichts ändern, wer jedoch am Jahresende unter der Mindestgrenze liege, bekomme die Differenz nachgezahlt.

Für die Gewerkschaft war das dennoch nicht annehmbar. „Es geht hier um 40 Stunden Schichtarbeit und sicherheitsrelevante Jobs“, so Hebenstreit. Sogar eine Hilfskraft in einem Hotel habe mit 1500 Euro brutto 14 Mal ein höheres monatliches Mindestgehalt. Außerdem sei das Basisgehalt von 1000 Euro brutto ja für Arbeitslosigkeit oderPension relevant. „Wir wollen nicht, dass Pensionisten irgendwann unter der Brücke schlafen müssen.“ Zudem habe es einige ungesetzliche Passagen in dem Kollektivvertrag gegeben, sowie die Forderung, dass eine von Laudamotion gekündigte Betriebsrätin freiwillig zurücktrete.

„Verlängerter Arm der AUA“

Dass es ungesetzliche Passagen im Vertrag gebe, wird von O'Brien zurückgewiesen, der Wunsch nach einem Rücktritt der Betriebsrätin sei nur ein Vorschlag, damit es eine neue Arbeitnehmervertretung gebe, mit der man eine Gesprächsbasis habe. Die Verhandlungen hätten vielmehr gezeigt, dass die Gewerkschaft ein verlängerter Arm von AUA und Lufthansa sei. So waren sowohl ein Betriebsrat von Level als auch der AUA im Verhandlungsteam.

Hebenstreit erklärt dies damit, dass es sich dabei um den Fachausschuss Luftfahrt handle. Und in dem seien naturgemäß verschiedene Betriebsräte. Der Level-Betriebsrat sei auch bei AUA-Verhandlungen dabei. Der Vida-Chef sieht indes Laudamotion als von Anfang an auf eine Schließung der Basis eingestellt. „Warum wurde jetzt so ein Druck aufgebaut, wenn bis zu zwei Jahre Kurzarbeit möglich wäre?“

Die Antwort von O'Brien zeigt, dass es hier unüberbrückbare Kulturunterschiede gibt: „Die Kurzarbeit gilt ja nur, wenn nicht gearbeitet wird. Wir wollen kein Geld vom Steuerzahler dafür, dass wir nicht arbeiten. Das zeigt den zynischen Zugang von Vida – es sei besser fürs Nichtstun Geld vom Staat zu erhalten als etwas weniger fürs Arbeiten.“

Wie es nach der Schließung weitergehe, werde nun in Irland entschieden, so O'Brien weiter. Klar sei jedoch, dass Ryanair für Wien sogar ein größeres Programm als bisher geplant vorhabe – nun halt vor allem mit Flugzeugen von einer der anderen 75 europäischen Basen. „Wenn sie gedacht haben, sie können sich so einer Konkurrenz entledigen, dann werden sie sich noch wundern.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2020)

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