Causa Ibiza

Ibiza-Video liegt Korruptionsstaatsanwälten noch nicht vor

Die Sonderkommission gab das Video, das zum Ende von Türkis-Blau führte, bis dato nicht weiter - sie sieht sich der Staatsanwaltschaft Wien, nicht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verpflichtet.

Seit April hat die "Soko Tape" der Polizei das berüchtigte Ibiza-Video, das zum Rücktritt des damaligen FPÖ-Chefs und Vizekanzlers, Heinz-Christian Strache und letztlich auch zum Ende von Türkis-Blau führte, in Händen: Am Mittwoch gab sie diesen Ermittlungserfolg bekannt, davor hatte sie nur die Staatsanwaltschaft (StA) Wien informiert. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erfuhr das alles erst aus den Medien, berichtet nun der "Falter". Bis heute steht das Video der WKStA nicht zur Verfügung.

Dem "Falter" zufolge soll man im Justizministerium darüber höchst irritiert sein. Die zum Innenministerium zählende Behörde sei schon seit 21. April im Besitz des Videos, habe aber die WKStA, die unter anderem gegen die Ex-FPÖ-Politiker Strache und Johann Gudenus und Ex-ÖVP-Finanziminister Hartwig Löger ermittelt, von der Beschlagnahme des Beweismittels sechs Wochen lang nicht informiert. Nur die StA Wien habe davon erfahren, diese ermittle aber eben nur gegen die Hintermänner des Videos, nicht gegen die Politiker, die darauf zu sehen sind, so der Vorwurf. Offiziell wurde das im Justizministerium nicht kommentiert.

Soko: Drei Monate Zeit für Bericht

Andreas Holzer, Leiter der "Soko Tape", rechtfertigte sich gegenüber dem "Falter" damit, dass man das Video ja nur für die StA Wien sichergestellt habe. Doch das soll laut der Wochenzeitung falsch sein, weil schon am 18. Mai 2019 die Weisung der Oberstaatsanwaltschaft an die WKStA ergangen sei, das Video beizuschaffen. Die Order sei durch eine Ermittlungsanordnung der WKStA an die "Soko Tape" vollstreckt worden, heißt es da. Sie wäre damit beauftragtes Hilfsorgan der WKStA und hätte binnen 14 Tagen von dem Fund berichten müssen.

Im Bundeskriminalamt sieht man das anders - und geht davon aus, alles richtig gemacht zu haben. Man habe im Auftrag der StA Wien gehandelt, und der habe man noch am Tag der Sicherstellung von dem Videofund berichtet, so Sprecher Vincenz Kriegs-Au. Und: Sowohl die Öffentlichkeitsarbeit als auch die Ermittlungen seien in enger Absprache mit der StA Wien erfolgt. Außerdem habe man verordnungsmäßig drei Monate für den Bericht an die WKStA Zeit, nicht zwei Wochen.

SPÖ ortet „schwere Vorwürfe“ gegen Soko

Die WKStA wollte dazu nichts weiter sagen, ein Sprecher bestätigte aber, dass man erst aus den Medien vom Auffinden des Videos erfahren habe. Man sei derzeit dabei, die weiteren Schritte mit der Soko zu besprechen. In Händen habe man das Video jedenfalls bis heute nicht.

SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim und SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner orteten in dem "Falter"-Bericht "dringend aufklärungsbedürftige schwere Vorwürfe gegen die Ibiza-Sonderkommission". "Sollten die im Bericht dargelegten Fakten stimmen, wäre es durchaus angebracht zu prüfen, ob man den Leiter der 'SoKo Tape', Ministerialrat Holzer, suspendiert", sagte Einwallner in einer Aussendung.

Alarmiert zeigte sich auch der freiheitliche Fraktionsobmann im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker. Es zeige sich einmal mehr, dass die Zusammenarbeit zwischen den leitenden Ermittlungsbehörden bei der Justiz und den an deren Anordnungen gebundenen Ermittlungsbehörden bei der Polizei stark verbesserungswürdig sei. "Besonders das Bundeskriminalamt dürfte hier ein gefährliches Eigenleben entwickeln, was vor dem Hintergrund, dass sämtliche Führungsebenen dort tiefschwarz eingefärbt sind, besonders besorgniserregend ist." Er befürchte dadurch einen bedeutenden Vorsprung der ÖVP gegenüber den anderen Parteien.

(APA)

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