Kommentar

Koste es, was keiner weiß

Es waren weder Sternstunden des Parlamentarismus noch des Finanzministers.

Gernot Blümel weiß wie fast jeder seiner Amtskollegen nicht, wie viel der Staat angesichts einer unvorhersehbar ausgebrochenen Krise einnehmen und ausgeben wird. Er und sein Ressort sind seit zwei Monaten ebenso unter Druck wie Gesundheitsbehörden, Arbeitsämter und Wirtschaftskammer. Dennoch muss auch der Nationalrat seinen klar vorgegebenen, nicht verhandelbaren Aufgaben nachkommen. So weit, so schwierig.

Nach Brüssel meldete er einen entsprechend vagen Plan, dem Nationalrat vorerst nicht, dann nächtlich überhastet doch, am Schluss wollten die Regierungsparteien einen gesetzlichen Antrag beschließen – mit einer peinlich fehlerhaften Formulierung. Dass dies genauso schon zweimal von der SPÖ vorgestolpert wurde, relativiert die Aufregung darüber, aber nicht den Patzer.

Viel wichtiger sind aber echte Lücken: Warum sind die Experten nicht in der Lage, etwa drei Szenarien für die weitere Budgetentwicklung (positiv, verhalten, negativ) vorzulegen, wie dies Kollege Georg Wailand formulierte? Warum verstärken Mitglieder der österreichischen Regierungen der vergangenen Jahre mit jedem Auftritt den Eindruck, sie hielten den Nationalrat für schlicht überflüssig? Wie brüchig manche Beziehungen, wie schwierig manche Verhältnisse sind, bemerkt man in der Krise immer rasch. Exekutive und Legislative haben ein echtes Problem miteinander. Darüber müssen wir reden.

E-Mails an:rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.