Spielraum

Turnstunden: Streichen, täuschen, tarnen

Clemens Fabry
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„Verbrechen an der Bewegung“: Turnstunden einfach zu streichen war ein grobes Foul an Kindern und Jugendlichen. Jetzt wurde eine falsche Entscheidung mit der Option auf „Freiwilligkeit“ halbherzig korrigiert.

Österreich hat ein eigenartiges Faible für heimlich gedrehte Aufdecker-Videos. An exotischen Destinationen wie Ibiza oder Pasching werden unfassbares Fehlverhalten und krasse Fouls an der Gesellschaft dokumentiert. Dort ein Politiker, der sich in einer Villa um Kopf und Kragen redet, da eine Fußballmannschaft, die im mit Sichtschutz getarnten Waldstadion mitten in der Coronakrise Mannschaftstrainings abhält. Und in beiden Fällen wundert sich die Gesellschaft über Reaktionen, Sanktionen – und sieht beim Neustart zu.

Österreich versteht es eben blendend, in starren Mustern zu verharren. Das trifft auch auf Bewegung und Sport in Schulen zu. Allerdings: Dort wurden sie tatsächlich ausgeschlossen. Oder, in der Gunst der Krisenstunde kurzerhand gestrichen.

Dass Bildungsminister Heinz Faßmann am Samstag in diesem Punkt auf Nachdruck von Sport Austria endlich zurückruderte, gibt Hoffnung. Und trotzdem nur wenig, denn dieser kapitale Fehler wurde bloß halbherzig korrigiert. Ab 15. Juni gibt es wieder Sport als „freiwillige Ergänzung“. Wohl Freitagnachmittag, damit vor dem Wochenende ja keiner auf die Idee kommt . . .

Turnen, Schule und Sport – hier spielen Zahlen, Daten oder Meinungen echter Experten einfach keine Rolle. Diesen geduldeten Missstand können selbst couragierteste Projekte aller Verbände und Vereine nicht aufbrechen. Sogar Entschließungsanträge des Nationalrates (2012, 2018) blieben stets leere Versprechen. Gesundheit und Spaß, es bleiben unvereinbare Fremdwörter für die Sektionschefs im Bildungsministerium. Sie haben Faßmann komplett falsch beraten.

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